Inflationsberechnung: Für wie dumm haltet ihr uns?

Laut Statistischem Bundesamt ist der Verbraucherpreisindex in Deutschland von 2012 bis 2022 von 91,7 auf 110,2 Punkte gestiegen.

Das ergibt eine Steigerung von 20,17% bzw. 1,85% pro Jahr.

Die Politik nutzt den Verbraucherpreisindex, um uns zu erzählen, wie stark unsere Kosten gestiegen sind.

Um 20% seit 2012, so so.

Die Preise von 2012 habe ich noch in guter Erinnerung, denn damals zog ich nach Berlin und startete mein Berufsleben. 10 Jahre später ging ich zum selben Frisör, zum selben Bäcker, zum selben Supermarkt, lebte in derselben Wohnung, und so weiter, kann also gut vergleichen.

Im Folgenden seht ihr meine Kostensteigerung von 2012 bis 2022 für die Preise an die ich mich noch erinnere.

Männer-Haarschnitt ohne Waschen
2012: 7,00€
2022: 17,00€
Steigerung: 143%
Steigerung pro Jahr: 9,3%

Döner Kebab
2012: 3,50€
2022: 6,00€
Steigerung: 71%
Steigerung pro Jahr: 5,5%

1l Bärenmarke-Milch
2012: 1,00€
2022: 1,75€
Steigerung: 75%
Steigerung pro Jahr: 5,8%

Buttercroissant
2012: 0,70€
2022: 1,20€
Steigerung: 71%
Steigerung pro Jahr: 5,5%

Bier vom Späti (hochpreisige Marke)
2012: 1,40€ – 1,50€
2022: 2,20€
Steigerung: 52%
Steigerung pro Jahr: 4,3%

Kinokarte
2012: 10,00€
2022: 16,00€
Steigerung: 60%
Steigerung pro Jahr: 4,8%

Betriebskosten Wohnung
2012: 110€
2022: 246€
Steigerung: 124%
Steigerung pro Jahr: 8,4%

Strom
2012: 33€
2022: 56€
Steigerung: 70%
Steigerung pro Jahr: 5,4%

DSL-Vertrag
2012: 25€
2022: 39€
Steigerung: 56%
Steigerung pro Jahr: 4,6%

Neupreis Samsung Galaxy S-Reihe
2012: 700€
2022: 850€
Steigerung: 21%
Steigerung pro Jahr: 2,0%

Ticket Nahverkehr
2012: 2,40€
2022: 3,20€
Steigerung: 33%
Steigerung pro Jahr: 2,9%

Der „Warenkorb“, mit dem die Politik uns 1,85% jährliche Inflation von 2012 bis 2022 weismachen will, ist also ein Fall für die Mülltonne. Für wie blöd halten die uns?

Die wahre Kostensteigerung war 3-4x so hoch.

Dabei sind zahlreiche Kosten im Warenkorb nicht enthalten. Wer vor 10 Jahren begann, auf die Anzahlung für ein Haus zu sparen, der zahlte letztes Jahr 81% mehr als 2012 laut Hauspreisindex.

Würde ich eine vergleichbare Wohnung in vergleichbarer Lage suchen, würde ich 80% mehr Kaltmiete zahlen als 2012.

Und oh Wunder: die Geldmenge M2 der Eurozone ist von 2012 bis 2022 um 82% angestiegen, d.h. um 6,2% pro Jahr. So wurde die Inflation früher berichtet, was ja auch Sinn ergibt (hier ausführlich erklärt von Lyn Alden).

Mehr zu diesem Thema schrieb ich in folgenden Beiträgen.

8 Gedanken zu „Inflationsberechnung: Für wie dumm haltet ihr uns?

  1. Meine Vermutung ist, dass ein Großteil der Differenz dadurch zustande kommt, dass „Verbesserungen“ herausgerechnet werden.

    Wird dein Bad saniert und die Miete entsprechend um 15% erhöht, geht das nicht in die Inflation ein, denn „saniertes Bad“ und „unsaniertes Bad“ sind ja nicht vergleichbar. Lasst eure Wohnungen doch einfach 80 Jahre lang verrotten, dann steigen eure Kosten auch nicht.

    Du gehst nur noch 1x im Monat ins Restaurant statt 3x, weil du es dir nicht mehr leisten kannst? Dann wird der Warenkorb entsprechend angepasst.

    Du streamst Netflix in 2160p Auflösung statt wie früher 480p? Nur der Preis für 480p fließt in die Berechnung ein.

    Wenn du dir kein frisches Brot vom Bäcker leisten kannst, dann kauf doch einfach Kuchen.

    Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt. Kein Wunder dass ein Kinderbuchautor nun Bundeswirtschaftsminister ist.

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  2. Persönliche Inflationsrate ist was sehr persönliches. Alter Hut soweit.
    Mag sogar sein, dass deine Stefan-Inflation tatsächlich bei z.B. 7% in den letzten 10 Jahren lag. Meine aber vielleicht eher negativ war. Habe ich nicht ausgerechnet.

    Für die Berechnung der persönlichen Inflationsrate gibt es ganz offiziell den persönlichen Inflationsrechner.
    Hier: https://service.destatis.de/inflationsrechner/

    Bzgl. Qualitätsänderungen rausrechnen – das ist bestimmt ein Punkt. Finde ich auch sinnvoll. Wie sollte man das sonst vergleichen? Denn zum Vergleichen braucht es Vergleichbares, nicht Äpfel und Birnen.

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    • Ein „Inflationsrechner“, bei dem ich meine heutigen Ausgaben je Kategorie eintrage, ist völliger Unsinn, denn meine heutige Verteilung ist auch ein Resultat der Preissteigerung der jeweiligen Kategorien.

      Wenn ich mir kein Rindersteak mehr leisten kann und auf Haferflocken ausweiche, hilft es mir wenig dass Haferflocken preisstabil waren.

      Dasselbe beim Wechsel vom Auto zu Öffis, oder von Markenprodukten zu Eigenmarken, oder von Restaurantbesuch zu Selbstkochen, oder wenn die Fleischqualität beim Döner sinkt weil der Verkäufer pleite gehen würde wenn er nicht zum billigsten Lieferanten wechseln würde.

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      • Welche Warenkörbe du eingibst, liegt bei dir. Bei Bedarf kannst du das auch mehrfach für unterschiedliche Körbe berechnen. Deinen damaligen, deinen heutigen, irgendeinen anderen. Du bist der Chef und bestimmst.
        Aber das hast du bestimmt schon selbst gemerkt.

        Wenn du dir kein Rindersteak mehr leisten kannst, kannst du dennoch die Inflation des Rindersteaks berechnen. Falls du überhaupt an der Inflationsmessung interessiert sein solltest. Klingt eher nicht so.

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  3. „Kein Wunder dass ein Kinderbuchautor nun Bundeswirtschaftsminister ist.“
    Ich würde es etwas verschärfen: Kein Wunder, dass ein Kinderbuchautor auch noch der besten Bundeswirtschaftsminister seit vielen Jahren ist.

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