Gestern war einer dieser Tage, die sich langfristig orientierte Anleger rot im Kalender markieren. Warren Buffett schrieb seinen jährlichen Shareholder Letter.
Ich habe meine Lieblingsstellen aus dem 13-seitigen Brief für euch ins Deutsche übersetzt, empfehle euch aber, ihn selbst im Original zu lesen (hier).
#1
„Sprechen wir nun über das, was euch gehört.“
#2
„Wir publizieren nicht für Analysten oder Kommentatoren. Charlie und ich arbeiten für unsere Aktionäre, die wir als Partner ansehen.“
#3
„Am 11. März diesen Jahres wird sich mein erstes Investment in ein amerikanisches Business zum 77. Mal jähren. Es war im Jahr 1942. Ich war 11 Jahre alt und ging all-in, investierte 114 Dollar und 75 Cents, die ich seit meinem 6. Lebensjahr angesammelt hatte. Ich kaufte drei Aktien von Cities Service. Ich wurde zum Kapitalisten, und es fühlte sich gut an.“
#4
„Seit ich 1942 meine ersten Aktien kaufte, hatten wir 7 republikanische Präsidenten und 7 Demokraten. Seitdem erlebten wir hohe Inflation, Zinsen von 21%, mehrere fragwürdige und kostspielige Kriege, den Rücktritt eines Präsidenten, einen tiefen Absturz der Immobilienpreise, eine lähmende Finanzkrise und eine Vielzahl anderer Probleme. Alle erzeugten furchteinflößende Schlagzeilen. Alle sind jetzt Geschichte.“
#5
„Wir warten weiter darauf, eine große Übernahme zu tätigen. Allein der Gedanke daran lässt Charlies und mein Herz schneller schlagen. Auch jetzt noch, im Alter von 88 bzw. 95 Jahren (ich bin der Jüngere).“
#6
„Wir sind für einen sparsamen Einsatz von Verschuldung. Viele andere Manager sehen das anders und sagen dass eine beachtliche Verschuldung die Erträge für die Anteilseigner erhöht. Und diese wagemutigen CEOs werden die meiste Zeit richtig damit liegen. Es werden jedoch immer wieder Zeiten mit unvorhersehbaren Ereignissen kommen und dann wird eine zu hohe Verschuldung fatale Konsequenzen haben. Russisches Roulette (normalerweise gewinnen, gelegentlich sterben) mag finanziell sinnvoll sein für jene, die zwar am Wachstum beteiligt sind aber nicht am Absturz. Diese Strategie wäre für Berkshire ein Wahnsinn. Rationale Menschen riskieren nicht das, was sie haben, für das, was sie nicht haben und nicht brauchen.“
#7
„Wenn ich den intrinsischen Wert von Berkshire schätze, dann ziehe ich die Steuern ab, die wir zahlen müssten, wenn wir all unsere Aktien verkaufen würden. Nun werden Sie fragen, warum ich nicht auch Steuern abziehe für den möglichen Verkauf unserer Tochtergesellschaften. Vergessen Sie diesen Gedanken. Wir wären töricht, auch nur eine unserer wunderbaren Töchter zu verkaufen, selbst wenn dabei keine Steuern anfallen würden. Wirklich gute Unternehmen sind außergewöhnlich schwierig zu finden. Es macht keinen Sinn, eines davon zu verkaufen, wenn du das Glück hast eines davon zu besitzen.“
#8
„Diese Tochtergesellschaften verdienten letztes Jahr 16,8 Milliarden Dollar. Wenn wir ‚verdient‘ sagen, dann meinen wir damit, was nach Abzug sämtlicher Steuern, Zinsen, Managementvergütungen (egal ob Cash oder aktienbasiert), Restrukturierungskosten und Abschreibungen übrig blieb.
Dies ist weit davon entfernt, was von vielen Wall-Street-Bankern und Unternehmensleitungen angepriesen wird. Zu oft wird ein ‚adjusted EBITDA‘ in deren Präsentationen angegeben – eine Maßnahme um ‚Erträge‘ neu zu definieren und dabei allzu reale Kosten auszuschließen.
Beispielsweise behaupten Geschäftsleitungen manchmal, dass ihre aktienbasierte Vergütung nicht als Aufwand angesehen werden sollte (Was ist es sonst? Ein Geschenk der Aktionäre?).
Und Restrukturierungskosten? Nun, vielleicht wird die Umstrukturierung des vergangenen Jahres nicht wiederholt, aber Umstrukturierungen der einen oder anderen Art sind im Geschäftsleben üblich. Berkshire ging diesen Weg dutzende Male und unsere Aktionäre haben immer die Kosten dafür getragen.
Abraham Lincoln fragte einmal: Wenn du den Schwanz eines Hundes als Bein bezeichnest, wie viele Beine hat er dann? Lincoln beantwortete die Frage selbst: Vier, denn den Schwanz als Bein zu bezeichnen macht ihn nicht zu einem Bein.“
#9
Buffett kommt später zurück auf seine allererste Investition aus dem Jahr 1942: drei Aktien von Cities Service für zusammen 114,75 Dollar. Er schreibt, dieser Betrag wäre im S&P 500 Index bis heute auf 606.811 Dollar angewachsen (vor Gebühren und Steuern). Hätte das Wachstum 1% weniger betragen, so wäre man nur auf die Hälfte des Endvermögens gekommen. Er schreibt weiter: Hätte man auf diejenigen gehört, die alle paar Jahre den Untergang aufgrund der Staatsverschuldung prophezeien, und diese 114,75 Dollar stattdessen in Gold investiert, so hätte man nun stattdessen 4.200 Dollar. Diese Erkenntnis kommentiert er mit dem Satz: „The magical metal was no match for the American mettle.”
Hier geht es zu meiner Analyse von Berkshire Hathaway, die ich im Mai 2018 schrieb.
Vielen Dank für die klasse Auflistung, Stefan. Weise Worte tun immer gut. Die Summen, die der Zinseszins ermöglicht, sind faszinierend. Vorfreude pur!
LikeGefällt 1 Person
Huhu Stefan! Schön, dass du wieder öfter schreibst! Buffett ist auf jeden Fall ein Vorbild eigentlich bei allem, was er so von sich lässt 😀 Kapitalismus und Poesie verträgt sich auch gut: Schau dir mal Felix Dennis an, der hat sogar ein Gedichteband rausgebracht, soweit ich weiß 🙂
LikeGefällt 1 Person
Tolle Auflistung und wirklich humorvolle Pointen 🙂
Buffet ist halt einfach eine Klasse für sich.. Bin gespannt wie es mit Berkshire weitergeht, wenn er mal nicht mehr ist..
LikeGefällt 1 Person
Buffett wurde auf CNBC darauf angesprochen, warum er den gestrigen Börsengang von Lyft nur von der Seitenlinie aus beobachtet. Hier ein Ausschnitt seiner Antwort:
“I’ve never been a big buyer of IPOs. We haven’t bought a initial public offering since 1955 when I bought 100 shares of Ford when it came out. I think buying new offerings during hot periods in the market, it’s not anything that the average person should think about at all […] You can go around making dumb bets and win but it’s not something you’d want to take as a lifetime policy.“
Ich liebe ihn! 😀
LikeLike
„Das Coronavirus steht jetzt im Vordergrund, etwas anderes wird es in drei Monaten, in einem Jahr und in zwei Jahren sein, aber die eigentliche Frage ist, wo Unternehmen in fünf oder zehn Jahren stehen werden. Und insgesamt wird Amerika gut abschneiden, wie es das seit 1776 immer hat.“
(Warren Buffett)
LikeLike
https://www.fool.de/2020/03/04/warren-buffett-hat-endlich-ein-iphone-bekommen-und-weitere-highlights-aus-seinem-cnbc-interview
Zitat:
Am wichtigsten ist jedoch, dass Aktien im Vergleich zu „risikofreien“ Staatsanleihen immer noch recht attraktiv sind. US-Staatsanleihen bringen aktuell eine Rendite von etwa 1,4 %. Buffett erklärte, warum er es für Wahnsinn hält, eine solche „sichere Anlage“ zu erwerben:
„Es macht keinen Sinn, der US-Regierung Geld zu 1,4 % zu leihen, wenn es die Regierungspolitik ist, … eine Inflation von 2 % pro Jahr zu haben. Ich meine …, die Regierung sagt: ‚Wir geben Ihnen 1,4 % und belohnen Sie damit. Andererseits werden wir dieses Geld vermutlich mit 2 % pro Jahr abwerten.‘ Das sind also sehr ungewöhnliche Bedingungen.“
Ha ha
LikeLike