Warum ich 34.000€ in Novo Nordisk investierte

Die Entwicklung eines einzigen Medikaments kostet durchschnittlich 2,3 Milliarden US-Dollar (Deloitte, 2023). Ein Pharmaunternehmen muss sich gut überlegen, in welchen Bereichen es forscht und entwickelt.

Von den 1920er bis zu den 1980er Jahren war Diabetes-Behandlung nicht gerade ein Geschäft, welches Anlegerherzen höher schlagen lassen hat.

In den 1980er, noch bevor Novo und Nordisk fusionierten, begann der adressierbare Markt zu explodierten. Durch immer ungesündere Ernährung und immer weniger Bewegung wurde die Behandlung von Typ-2-Diabetes interessanter für Pharma als der angeborene Typ 1.

Durch diese für das Unternehmen glückliche Fügung befindet man sich heute in der Situation, dass man auf wenige Krankheiten setzt, die jeweils hunderte Millionen Menschen betreffen, die lebenslang behandelt werden müssen, mit stark anwachsender Zahl an Betroffenen, aber immer noch hohem Anteil an Nicht-Behandelten.

Novo Nordisk war dabei so innovativ, dass man sich jahrzehntelang 50-90% Marktanteil mit Eli Lilly teilen konnte. Das Duopol bzw. Oligopol mit Sanofi erhöhte stetig die Preise, doch auch die abgesetzten Mengen stiegen kräftig.

Aktionäre mussten sich fühlen wie im Schlaraffenland: 40 Jahre lang stiegen Novo Nordisks Gewinne, Dividenden und Aktienkurs um 20% pro Jahr. (Bei Eli Lilly waren es nur 11-12%.)

In den 1990er Jahren begann die Forschung an GLP-1-Rezeptor-Agonisten. Heute sind positive Wirkungen bestätigt gegen:

  • Typ-2-Diabetes
  • Übergewicht und Adipositas (Fettleibigkeit)
  • Food Noise (zwanghafte Gedanken ans Essen)
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Nierenschäden
  • MASH (Fettleber)
  • Alzheimer
  • Schlafapnoe
  • Parkinson
  • Depressionen
  • Suchterkrankungen (Alkohol, Nikotin, Opiate, Shopping, Glücksspiel, Nägelkauen)

Mit anderen Worten: Novo Nordisk und Eli Lilly haben ein Wunder vollbracht, werden zum Schrecken nicht nur für die Pharmakonzerne, die die durch Übergewicht verursachten Krankheiten behandeln, sondern für jedes Unternehmen welches von ungesunder Ernährung profitiert.

Seit 15 Jahren teilen sich Novo und Lilly 90-100% Marktanteil bei GLP-1.

Da sich GLP-1-Rezeptoren auch im Gehirn befinden, geht die Wirkung weit über Appetitzügelung hinaus. Die Medikamente stärken die Selbstkontrolle.

Im letzten Quartal (Q2/2025) stieg der Umsatz mit den „Abnehmspritzen“ um 110%, hat sich also mehr als verdoppelt (Wegovy und Zepbound, vs. Q2/2024).

Dabei verbessert sich die Wirksamkeit von Generation zu Generation. Hier die Durchschnittswerte für die höchste Dosierung:

  • 2010: Victoza mit 4-6% Gewichtsverlust nach 56 Wochen (Novo Nordisk; Wirkstoff Liraglutid; subkutan)
  • 2014: Saxenda mit 7-8% Gewichtsverlust nach 56 Wochen (Novo Nordisk; Wirkstoff ebenfalls Liraglutid aber höhere Dosierung; subkutan)
  • 2014: Trulicity mit 3-5% Gewichtsverlust nach 52 Wochen (Eli Lilly; Wirkstoff Dulaglutid; subkutan)
  • 2017: Ozempic mit 6-7% Gewichtsverlust nach 68 Wochen (Novo Nordisk; Wirkstoff Semaglutid; subkutan)
  • 2019: Rybelsus mit 5-10% Gewichtsverlust nach 52 Wochen (Novo Nordisk; Wirkstoff Semaglutid; oral)
  • 2021: Wegovy mit 15% Gewichtsverlust nach 68 Wochen (Novo Nordisk; Wirkstoff ebenfalls Semaglutid aber höhere Dosierung; subkutan)
  • 2022: Mounjaro mit 15-20% Gewichtsverlust nach 72 Wochen (Eli Lilly; Wirkstoff Tirzepatid; subkutan)
  • 2023: Zepbound mit 20-21% Gewichtsverlust nach 72 Wochen (Eli Lilly; Wirkstoff ebenfalls Tirzepatid aber höhere Dosierung; subkutan)
  • 2026: Wegovy Oral mit 14% Gewichtsverlust nach 68 Wochen (Novo Nordisk; Wirkstoff Semaglutid; oral)
  • 2026: Orforglipron mit 12% Gewichtsverlust nach 72 Wochen (Eli Lilly; oral)
  • 2026: Semaglutid 7.2mg mit 17% Gewichtsverlust nach 68 Wochen (Novo Nordisk; subkutan)
  • 2026-2027: CagriSema mit 22-23% Gewichtsverlust nach 68 Wochen (Novo Nordisk; subkutan)
  • 2026-2027: Retatrutid mit 24% Gewichtsverlust nach 48 Wochen (Eli Lilly; subkutan)
  • 2027-2028: Amycretin mit 24% Gewichtsverlust nach 36 Wochen (Novo Nordisk; subkutan und oral)
  • 2031-2032: UBT251 mit 15% Gewichtsverlust nach 12 Wochen (Novo Nordisk; subkutan)

Natürlich sind auch bspw. Roche, Viking, Amgen, Boehringer Ingelheim am forschen und testen, doch ich habe starke Zweifel, dass diese Novo und Lilly auch nur ansatzweise gefährlich werden können. Teilweise liegen die Ergebnisse meilenweit hinter den Platzhirschen zurück. Teilweise werden Testphasen drastisch verkürzt, um überhaupt noch etwas vor Ende des Jahrzehnts auf den Markt bringen zu können. Außerdem werden sowohl Ärzte als auch Patienten wohl nicht von den Platzhirschen (die seit 30 Jahren GLP-1-RA erforschen und testen) abrücken, außer die Wirksamkeit und/oder das Nebenwirkungsprofil stellt sich als erheblich besser heraus. Und dann ist da noch die Frage der Produktionskapazität.

Nochmal zur oberen Tabelle: Wie gesagt ist der mittlere Gewichtsverlust nur eine der relevanten Kennzahlen. Doch auch die Blutzuckerregulierung, das Nebenwirkungsprofil und der Komfort der Verabreichungsform verbessert sich von Generation zu Generation. Beim Gewichtsverlust wird sich voraussichtlich auch das Verhältnis von Fett-Verlust zu Muskelmasse-Verlust verbessern, vor allem bei den Triple-Agonisten (GLP1/GIP/Glucagon) wie Retatrutid. (auch Novo hat 2 „Triples“ in der Pipeline)

Was man in der Tabelle auch sieht: Mal hat Novo Nordisk die Nase vorn, und mal Eli Lilly. Der Konkurrenzkampf sorgt dafür, dass neue innovative Wirkstoffe viel schneller auf den Markt kommen, als es angesichts des langen Patentschutzes notwendig wäre.

Wenn man sich ansieht, was 2026-2028 auf den Markt kommen wird, dann ist es verrückt, Eli Lilly mit einem 44er KGV und gleichzeitig Novo Nordisk mit einem 16er KGV zu bewerten, denn beide Unternehmen werden Blockbuster auf den Markt bringen, die so wertvoll sind, dass man die Liefer-LKW wohl durch US Navy SEALs schützen lassen muss 😉

Ein hoher/schnellerer Gewichtsverlust bei einem Wirkstoff muss jedoch nicht zwangsläufig zu höheren Umsätzen/Gewinnen führen als bei einem Wirkstoff mit weniger/langsamerem Gewichtsverlust. Und: alle oben aufgeführten Wirkstoffe gibt es in unterschiedlichen Dosierungen.

Die Leute, die 20-50 Kilogramm Übergewicht verloren haben, sind wandelnde Werbeplakate in ihrem Bekanntenkreis für Novo Nordisk und Eli Lilly. Wer 30kg Übergewicht los wird, der will das mit der ganzen Welt teilen: auf TikTok, YouTube, Spotify, Instagram, X, Facebook, Substack. Das ist Gratis-Werbung für Novo und Lilly.

Übergewicht und Fettleibigkeit verursachen massive gesellschaftliche Kosten. Es sollte also in unser aller Interesse sein, dass Novo Nordisk erfolgreich bleibt.

Mithilfe von KI wird man mehr Medikamente pro Jahr in Phase 1 bringen können. Novo Nordisk arbeitet mit NVIDIA zusammen und hat diese Zahl von 2020 bis 2024 bereits verdreifacht. (Eli Lilly arbeitet mit OpenAI zusammen.)

Das Marktwachstum ist schwierig zu prognostizieren. Grand View Research geht z.B. von 17,5% Umsatzwachstum pro Jahr, global von 2025 bis 2030 aus, wobei es hier um GLP-1 insgesamt geht, also egal ob es gegen Adipositas, Typ-2-Diabetes oder etwas anderes verschrieben wird. Auch der geplante/gestartete Ausbau der Produktionskapazität bei Novo Nordisk lässt auf eine erwartete Steigerung der Nachfrage um etwa 18% pro Jahr von 2024 bis 2029 schließen.

Auf aktuelle Probleme hat Novo Nordisk entsprechend reagiert:

  • auf die Compound-Apotheken mit Klagen und einem starken Ausbau der Produktionskapazität und des Vertriebsnetzes, damit es nicht erneut zum Engpass kommt
  • auf mögliche Zölle mit dem Ausbau der US-Produktion
  • auf aufkommende Konkurrenz (und auslaufende Patente) mit neuen Produkten, die erheblich besser sind als die heutigen Blockbuster
  • auf die Kritik an der starken Fokussierung mit einer Erweiterung auf MASH (Fettleber), Alzheimer, seltene Blutkrankheiten, Parkinson, chronisches Nierenleiden
  • auf mögliche künftige Preissenkungen mit Capex-Reduzierung, KI-Einsatz, Einstellungsstopp, Direktvertrieb, Economies of Scale, Senkung der Produktionskosten durch Pillen statt Injektions-Pens

Was erwarte ich von einigen der Medikamente, die Novo Nordisk demnächst auf den Markt bringen wird?

  • Die Semaglutid-Pillen, die 2026 auf den Markt kommen, kommen früher als Eli Lillys erste Pille Orforglipron. Sie wirken besser als Orforglipron (max. Gewichtsverlust). Bei Lillys Mittel müssen die Patienten allerdings nicht darauf verzichten, 30min nach der Einnahme etwas zu essen.
  • Novo Nordisks 7.2mg Semaglutid-Injektion (2026) sehe ich kritisch. Man benötigt die 3-fache Wirkstoffmenge für nur 2-3ppt mehr Gewichtsverlust, verglichen mit Wegovy.
  • CagriSema (2026-2027) wirkt besser als Zepbound (Eli Lilly, 2023), aber weniger gut als Retatrutid (Eli Lilly, 2026-2027). Außerdem wird CagriSema ein 2-Kammer-Pen sein, der etwas teurer in der Herstellung ist. Zudem ist Retatrutid ein Triple-Agonist (GLP1/GIP/Glucagon), der vermeintlich zu weniger Verlust von Muskelmasse als CagriSema führt.
  • Amycretin (2027-2028) wirkt, wie es aussieht, besser als alles andere, was bis Ende des Jahrzehnts auf den Markt kommen kann. Außerdem wird es sowohl als Injektion, als auch als Pille angeboten. Das wird voraussichtlich ein Mega-Blockbuster.
  • Für Anfang der 2030er hat Novo noch seine ersten 2 Triple-Agonisten in der Pipeline. Eli Lillys Retatrutid hat bisher so unglaubliche Resultate in den Tests gezeigt, dass Novo natürlich nachzieht.

Zum Ende noch einige Grafiken von Novo Nordisk sowie ein Zitat.

Umsatzwachstum und geografische Verteilung:

Wachstum nach Region und Therapiebereich:

Prioritäten nach Therapiebereich:

Adressierbarer Markt:

Erwartetes Wachstum bei Diabetes:

Viele Menschen mit Diabetes sind unbehandelt/undiagnostiziert:

Steigender Novo Marktanteil bei Diabetes (Company B ist Eli Lilly; Company A wohl Sanofi):

Interessante Folie zu Fettleibigkeit:

Weniger als 1% der fettleibigen Menschen nutzen Abnehmspritzen:

Wachstum und Marktanteil bei Adipositas:

Statistiken zu Wegovy:

Novo Marktanteile und Marktwachstum:

Selbst bei den sinkenden Marktanteilen konnte Novo Nordisk zuletzt noch 18% beim Umsatz wachsen, und bei den Gewinnen noch stärker.

Entwicklungspipeline:

Kapital-Allokation:

Umsatzentwicklung Novo vs. Lilly:

Wie Mounjaro/Zepbound zuletzt Ozempic/Wegovy überholten:

Novos Profitabilität vs. Lilly:

Novos Free Cash Flow vs. Lilly:

Darin ist Novo Nordisk unglaublich gut: Umsätze und Kapitaleinsatz in Gewinne, Cashflow und langfristige Aktionärsrendite umzusetzen.

Abschließen möchte ich mit einem Zitat von Christopher Durham:

„Ich habe über 100 Pfund mit GLP-1 abgenommen, und es war leichter als alles, was ich je zuvor versucht habe. Und nein, ich werde mich nicht dafür entschuldigen. Ich war vorher nicht faul, und ich schummle jetzt nicht. Ich behandle endlich eine echte Krankheit mit echter Medizin. Die meiste Zeit meines Erwachsenenlebens schwankte mein Gewicht auf und ab, immer Tendenz steigend, bis ich gefährlich nahe an 300 Pfund herankam. Mein Blutdruck schoss in die Höhe. Mein Cholesterinspiegel war hoch. Ich hatte jahrzehntelang Medikamente eingenommen. Ich schlief nicht gut. Wahrscheinlich hatte ich eine undiagnostizierte Schlafapnoe. Meine Knie schmerzten ständig, und ich brauchte eine Veränderung. Etwas, das tatsächlich funktionierte. GLP-1 hat mein Leben verändert. Vor GLP-1 fühlte sich das Abnehmen an, als ob ich unter Wasser die Luft anhalten würde. Ich nahm hier 20 Pfund ab, dort 10 Pfund, bis ich es nicht mehr aushielt, und dann kam das Gewicht zurück. GLP-1 hat das geändert. Zum ersten Mal in meinem Leben konnte ich atmen. Ich war nicht hungrig. Ich musste nicht ständig ans Essen denken. Ich hatte nicht das Gefühl, jeden Tag gegen mich selbst zu kämpfen. Es ging nicht um Willenskraft. Es ging nicht um Disziplin. Es ging darum, dass ich endlich ein Werkzeug hatte, das mit meiner Biologie zusammenarbeitete und nicht gegen sie. Und das bringt mich zu etwas, das wir alle lauter sagen müssen: Fettleibigkeit ist eine Krankheit. Es ist keine Charakterschwäche. Es ist nicht ein Mangel an Motivation. Es ist eine chronisch fortschreitende Krankheit. Es geht um Gehirnchemie, Hormone, Genetik und Stoffwechsel. Sie lässt sich nicht dadurch lösen, dass man einfach weniger isst und sich mehr bewegt.“

5 Gedanken zu „Warum ich 34.000€ in Novo Nordisk investierte

  1. Nach u.a. Oprah Winfrey, Kim Kardashian, Elon Musk, Woopi Goldberg, Kelly Clarkson, Charles Barkley, Oliver Pocher hat nun auch Serena Williams verkündet, GLP-1 zu nutzen:

    In einem Interview mit dem US-Magazin «People» gesteht die 23-fache Grand-Slam-Siegerin, dass sie mit einem verschreibungspflichtigen Medikament über 14 Kilogramm verloren hat.

    «Ich fühle mich grossartig. Ich fühle mich wirklich gut und gesund. Ich fühle mich körperlich wie geistig befreit», erklärt Williams. Mithilfe eines GLP-1-Medikaments habe sie endlich ihr Wunschgewicht erreicht. Nach zwei Schwangerschaften hatte die Ausnahmeathletin verzweifelt und aus ihrer Sicht erfolglos gegen die Kilos gekämpft.

    «Egal, wie viel ich trainierte oder wie gesund ich mich ernährte – ich erreichte einfach nie das Gewicht, das ich wollte», gesteht Williams. Für die ehemalige Profisportlerin eine völlig neue Erfahrung: «Es war verrückt, weil ich noch nie in einer solchen Lage war, wo ich so hart gearbeitet und so gesund gegessen habe und trotzdem nie dahin kam, wo ich sein musste.»

    Die Olympiasiegerin betont, dass sie in ihrer Karriere niemals Abkürzungen genommen habe. «Ich weiss, was es braucht, um die Beste zu sein», sagt sie. Umso frustrierender sei es gewesen, trotz intensivem Training nicht das gewünschte Ergebnis zu erzielen und nach den Schwangerschaften nicht richtig abzunehmen.

    Schliesslich entschied sich Serena Williams etwa sechs Monate nach der Geburt ihrer zweiten Tochter für eine Behandlung mit wöchentlichen Injektionen. Diese Medikamente – bekannte Marken sind Ozempic und Mounjaro – wirken im Gehirn und beeinflussen das Sättigungsgefühl. Das sei aber kein Ersatz für einen gesunden Lebensstil, sondern hätten ihre Bemühungen mit gesundem Essen und Sport nur verstärkt, wie sie klarstellt.

    Eine große Sorge: dass man ihr vorwerfen könnte, faul zu sein und den einfachen Weg zu gehen. Heute sagt sie selbstbewusst: „Es ist keine Abkürzung. Es ist keine Ausrede. Es ist einfach ein weiteres Hilfsmittel, das mich auf meinem Weg zu einer besseren Gesundheit unterstützt.“

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  2. Pingback: Novo Nordisk: absolute Katastrophe! | Stefans Börsenblog

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