„Lobenswert sind Stefans Leistungen im Mathematik-Unterricht. Viele Grundaufgaben löst er schon ohne Hilfsmittel. Besonders gern rechnet er mündlich.“
Das schrieb meine Klassenlehrerin in mein Halbjahreszeugnis der 1. Klasse im Februar 1993, als ich sechs Jahre alt war. Mein Interesse an der Mathematik zieht sich seitdem durch meinen Lebenslauf.
„Das Investieren in französische Aktien macht für Kleinanleger definitiv keinen Sinn. Die Belastung durch Quellensteuern auf Dividenden ist immens.“
Diesen Satz las ich gestern in einem Blog.
Ich nehme an ihr wisst, worauf ich hinaus will. Ich bin kein Freund solcher Pauschalisierungen, sondern rechne mir lieber aus, wann sich etwas lohnt und wann nicht. Schließlich geht es um nichts Geringeres als um meine Altersvorsorge.
Generelles zur Besteuerung von Kapitalerträgen in Deutschland
Da auch Nicht-Aktionäre zu meinen Lesern zählen, möchte ich zunächst einige Sätze zur einheimischen Besteuerung von Kapitalerträgen loswerden. Da die Besteuerung von Aktienfonds ein wenig komplizierter ist und ich nicht in Fonds investiere, soll es hier lediglich um Einzelaktien gehen.
Zunächst muss unterschieden werden zwischen realisierten Kursgewinnen und erhaltenen Dividenden. Nicht-realisierte Kursgewinne (wenn also noch kein Aktienverkauf stattfand) müssen übrigens nicht versteuert werden. Positive Kapitalerträge können mit Verlusten verrechnet werden, sodass die Steuerlast reduziert werden kann.
Der Freibetrag liegt bei 801 Euro für Singles und 1602 Euro für Paare, deren Einkünfte zusammen veranlagt werden.
Vor einigen Jahren gab es noch so tolle Sachen wie den 3000-Euro-Freibetrag, das Halbeinkünfteverfahren und die Steuerbefreiung bei einer Haltedauer von mindestens 12 Monaten. Doch das ist Geschichte und soll hier nicht weiter ausgeführt werden.
Nicht-Kirchenmitglieder zahlen 26,375% an Steuern auf realisierte Kursgewinne, sofern der Freibetrag ausgeschöpft wurde. Liegt der persönliche Steuersatz darunter, so kann dieser Satz reduziert werden, soweit ich weiß. Bei Dividenden deutscher Unternehmen ist es genauso. Beides wird sofort von der Bank eingezogen.
Bei Dividenden ausländischer Unternehmen wird es etwas komplizierter. Die Höhe der Steuer ist von Land zu Land unterschiedlich. Außerdem hat Deutschland Abkommen mit zahlreichen Staaten, damit die ausländische „Quellensteuer“ ganz oder teilweise auf die deutsche „Abgeltungssteuer“ angerechnet werden kann. Auf der folgenden Seite findet ihr Download-Links zu den Sätzen einzelner Länder.
Und so kommt es, dass in diesem Jahr Steuern in folgender Höhe von meiner Bank einbehalten wurden bei meinen Dividenden. (wichtige Info: Ich bin noch nicht über meinen Freibetrag hinausgekommen)
Deutschland: 0%
USA: 15%
Schweiz: 35%
Niederlande: 15%
Zu viel bezahlte Steuern kann man sich aus manchen Ländern zurückholen, mit unterschiedlichem bürokratischen Aufwand und Kosten.
Kalkulation
Die Frage, bei der ich euch helfen möchte, lautet: (Wann) Sollte man sich von Aktien bestimmter Länder fernhalten? Dazu ein kleines Beispiel.
Der deutsche Max Mustermann hat zwei interessante Unternehmen analysiert und überlegt nun, in welches er sein Erspartes investieren soll: die deutsche Sauerkraut AG oder die ausländische Baguette AG. Bei Sauerkraut würden 26,375% an Dividendensteuern anfallen. Im Land der Baguette AG liegt die Quellensteuer bei 25% und es existiert ein Abkommen beider Länder, das besagt dass 15% anrechenbar sind. Somit würden 35,55% an Dividendensteuern anfallen (siehe Kommentare). Über seinen Freibetrag ist Max in diesem Jahr bereits hinausgekommen.
Max hat herausgefunden, dass die Dividendenrendite der Sauerkraut AG bei 2,5% liegt und bei der Baguette AG bei 3,5%.
Für Kurssteigerungen sieht er bei beiden Unternehmen etwa gleich viel Potential (8% pro Jahr).
Berechnen wir die Wertschöpfung (Kurssteigerung plus Dividende) beider Investments.
Wertschöpfung Sauerkraut = 8% + 2,5% * ( 1 – 0,26375 ) = 9,840625%
Wertschöpfung Baguette = 8% + 3,5% * ( 1 – 0,3555 ) = 10,25575%
In diesem Fall wäre eine Investition in das ausländische Unternehmen lohnenswerter – trotz ungünstiger Steuerregelung. Bei der Baguette AG liegt die von Max jährlich erwartete Rendite rund 0,4% höher.
Was will ich sagen? Es kommt immer auf den konkreten Fall an! Pauschale Aussagen wie „Investitionen in Schweizer Unternehmen sind doof“ sind gefährlich bei einem solch wichtigen Thema wie unserer Altersvorsorge. Nehmt euch ein paar Minuten Zeit und rechnet das in einem konkreten Fall gegen ein alternatives Investment durch.
Hallo Stefan,
ja, das mit der Quellensteuer ist verzwickt, zumal sich die Regeln für einzelne Länder auch immer wieder mal ändern.
Aber letztlich kommt es auf die Gesamtrendite nach Steuern an. Und die fällt beim Vergleich der beiden fiktiven AGs in Deinem Beitrag noch ein wenig mehr zugunsten von Baguette aus.
Der Vorteil ergibt sich dadurch, daß der Solidaritätszuschlag von 5,5% nur auf die deutsche Steuer nach Abzug der anrechenbaren Quellensteuer erhoben wird , bei Baguette werden also „nur“ noch 35,55% Steuer insgesamt fallig (25% ausl. Quellensteuer, 10% deutsche Abgeltungssteuer und von letzterer nochmal 5,5% SolZ).
Damit haben Aktien mit Quellensteuer, die vollständig auf die deutsche Steuerlast angerechnet werden kann – i.d.R. 15%, wie z.B. bei US-Aktien, sogar bei gleicher Höhe der Dividende einen kleinen Vorteil.
Einen schönen Abend
Peter
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Hallo Peter,
vielen Dank für deinen Kommentar. Ich habe den Beitrag angepasst (35,55% anstelle von 36,375%).
Zu deinem letzten Satz:
Solange man noch nicht über den Freibetrag hinausgekommen ist, ist es z.B. bei US-Dividenden leider so, dass die 15% dennoch abgezogen werden und man sich diese auch nicht über die (deutsche) Steuererklärung zurückholen kann. Diese Erfahrung habe ich 2015 gemacht.
Vielleicht klappt das, wenn man mit den US-Behörden in Kontakt tritt. Meine US-Dividenden waren in 2015 aber noch nicht so hoch, dass sich das gelohnt hätte.
Beste Grüße, Stefan
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Jetzt frage ich mal ketzerisch wie die Wertschöpfung ausfällt, wenn Sauerkraut und Baguette AG BEIDE auf 3,5 % Dividendenrendite kommen 😉 ?
Anders ausgedrückt : Bei sonst gleichen Wertsteigerungen nervt die französische Quellensteuer den (deutschen) Anleger eben schon.
Richtig ist aber sicherlich, dass es unabhängig von der Quellensteuer zunächst vor allem um die Güte des Unternehmens geht. Dein letzter Absatz bringt es ja auf den Punkt….
By the way: Berichte doch einmal vom Börsentag. Darf gerne zur Satire werden 😉 .
Alles Gute!
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Nachdem die 1000 Euro Freibetrag für eine Familie schon im Frühling erschöpft wurden, soll man auf einem deutschem Konto nur die Aktien lassen, deren Dividenden mit ausländischer und deutscher Steuer zusammen 26,38% versteuert werden. Wenn die schweizerischen Dividenden 35% versteuert werden, soll man keine schw. Aktien halten. Denn mit den Antrag an schw. Finanzamt hat man nur Probleme und man zahlt dafür Gebühren. Französische Steuer 30% von Sanofi Dividenden kann man noch akzeptieren. Falls aber noch weitere Steuer in Deutschland dazu käme, lässt man die fran. Aktien auf einem Konto im Ausland. Falls zu der spanischen Dividendensteuer 19% noch die deutsche 26,38% kommt, zusammen 45,38% und dann soll man mit Antrag etwas zurück fordern, lässt man die spanischen Aktien: Telefonica, Iberdrola oder Banco Santander auf einem Konto in Ausland und dann kann man ohne Antrag und ohne Gebühr die 7,38% an deu. Finanzamt überweisen.
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Die vor Ausschöpfung des Freibetrages in USA gezahlte Quellensteuer stellt die Bank in einen Quellensteuertopf ein. Dieser wird dann nach Ausschöpfung des Freibetrages mit zu zahlender Abgeltungssteuer verrechnet. Falls man also im Laufe des Jahres den 801,- Freibetrag überschreitet, ist die 15% Quellensteurer USA irrelevant. VG Holger
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