Blockchain-Trilemma, Blocksize War, Bitcoins Skalierbarkeit und Dezentralität

Zwischen 2015 und 2017 tobte ein Kampf im Bitcoin-Space, der als Blocksize War in die Geschichte einging.

Diese Episode der 14-jährigen Bitcoin-Geschichte erzählt uns viel darüber, wie dezentral und stabil Bitcoin ist.

Was waren zu „Kriegsbeginn“ die grundsätzlichen Regeln des Netzwerks?

  • max. Angebot von 21 Millionen bitcoin
  • Proof-of-Work als Konsensalgorithmus
  • max. Größe von 1 MB pro Block
  • Schwierigkeitsanpassung alle 2100 Blöcke für durchschnittliche Blockzeit von 10 Minuten
  • Halving alle 210000 Blöcke

Was ist das Blockchain-Trilemma?

Nur zwei der drei Blockchain-Eigenschaften Sicherheit, Skalierbarkeit und Dezentralität können maximiert werden. Dazu später mehr.

Welche Gruppen gibt es im Bitcoin-Bereich?

  • Node-Betreiber
  • Miner
  • Softwareentwickler (Bitcoin Core Entwickler)
  • Bitcoin-Besitzer
  • Industrie rund um Bitcoin

Auch hierzu später mehr.

Welche waren die „Kriegsparteien“?

Auf der Seite „Small Blocks“ stand der Großteil der Node-Betreiber.

Auf der Seite „Big Blocks“ standen der Großteil der Miner, der Großteil der Industrie (u.a. Coinbase, Bitmain, Bitwala, DCG, Grayscale, insgesamt 58 Unternehmen) sowie wichtige Persönlichkeiten wie Gavin Andresen.

Es war also David gegen Goliath.

Was wollte die Fraktion „Big Blocks“ ändern und weshalb?

Ihr habt sicher schon mal von den berühmten „7 Transaktionen pro Sekunde“ gehört, die Bitcoin auf dem Main Layer in der Lage ist abzuwickeln.

Die Big Blocks Fraktion argumentierte, wenn Bitcoin langfristig über seine Rolle als digitales Gold und bester Wertspeicher hinauswachsen soll, hin zu einem weltweiten Zahlungsnetzwerk, dann muss der maximale Speicherplatz pro Block erhöht werden, sodass mehr Transaktionen pro Zeiteinheit möglich sind.

Warum wehrte sich die Fraktion „Small Blocks“ so sehr dagegen?

Wie oben zum Blockchain-Trilemma erwähnt, geht eine erhöhte Skalierbarkeit immer auf Kosten der Dezentralität.

Ein Node-Betreiber, also Netzwerkknotenpunkt, ist jemand, der einen kleinen Computer besitzt (bspw. Raspberry Pi), auf dem die Software installiert ist, der eine Festplatte angeschlossen hat und mit dem Internet verbunden ist.

Zwei Anmerkungen dazu:
• Aus Gründen der Privatsphäre wird häufig Tor benutzt.
• Derzeit reicht eine 500GB Festplatte für die gesamte Bitcoin-Blockchain.

Warum sollte man eine Bitcoin Full Node betreiben? Damit ist man Herr über die Regeln des Netzwerks („your node, your rules“). Ich habe Betreiber von Bitcoin Full Nodes im Freundeskreis. Derzeit gibt es schätzungsweise zwischen 15.000 und 200.000 Node-Betreiber.

Welche Node nutzt man, sofern man keine eigene hat? In dem Fall laufen deine Transaktionen über einen Knotenpunkt des Hardware- oder Software Wallet Anbieters.

Die Kosten des Aufsetzens einer Bitcoin Full Node sind während der aktuellen Lieferkettenkrise stark angestiegen und belaufen sich derzeit auf etwa 250 Euro.

In ärmeren Regionen wie bspw. am Bitcoin Beach in El Salvador betreibt dann eine ganze Gruppe eine einzelne Node.

Aber zurück zur Frage: Was spricht gegen größere Blöcke?

Erhöht man den maximalen Speicherplatz pro Block, um mit anderen Zahlungsnetzwerken mitzuhalten, dann steigt der Speicherplatzbedarf enorm.

Ein Beispiel: Gehen wir von 7 Transaktionen pro Sekunde bei 1MB pro Block aus, und wollen auf Visas 24000 Transaktionen pro Sekunde erhöhen, dann wächst der belegte Speicherplatz der Bitcoin-Blockchain (bei jederzeit vollen Blöcken) um 180 Terabyte pro Jahr.

Das wird sich mein Kumpel nicht mehr leisten wollen, der Bitcoin Beach in El Salvador ebenso nicht, und dann sagen Amazon, Microsoft, Google, Alibaba & Co. wo es lang geht.

Das New York Agreement

Am 23. Mai 2017 veröffentlichte die Fraktion Big Blocks einen Text („New York Agreement“), in dem sie ankündigten, in 6 Monaten einen Hard Fork durchzuführen, d.h. es gibt dann 2 Versionen der Software, und die neue Version hat dann eine maximale Blockgröße von 2MB. Die Miner stehen dann vor der Wahl, ob sie größere Blöcke hinzufügen. Die Node-Betreiber stehen vor der Wahl, welche Software sie nutzen.

Die Node-Betreiber antworteten ganz klar: Wenn ihr Miner große Blöcke an die Blockchain anhängt, dann lehnen wir diese Blöcke ab. Wir werden die Version der Hard Fork nicht installieren. Damit ist die Änderung gegen unsere Regeln und ihr mined ein anderes Netzwerk und verliert eure Nutzer und eure Einnahmen.

Diesen Showdown hätte sich Hollywood kaum besser ausdenken können.

Kriegsende, Gewinner und Verlierer

Im November 2015 hatte keine Partei nachgegeben und es kam zu einer Abspaltung.

Bitcoin blieb Bitcoin mit den alten Regeln.

Der Hard Fork der Big Blocks Fraktion wurde zu „Bitcoin Cash“, das heute auf Platz 27 der wertvollsten Token liegt mit einem Wert von 2,6 Millarden Dollar, während Bitcoin 523 Milliarden Dollar wert ist. David gewann also gegen Goliath.

[Seit dem Segwit-Update sind 4MB-Blöcke möglich, aber das ist eine andere Geschichte.]

Wie konnte Bitcoin die Skalierbarkeit dennoch massiv erhöhen und das Blockchain-Trilemma lösen?

Mit dem Lightning-Netzwerk als auf der Bitcoin-Blockchain aufbauende, open source, second layer Technologie sind bis zu 1 Million Transaktionen pro Sekunde möglich. Damit werden Visa und Mastercard zu lahmen Schnecken.

Endlich sind Micropayments sinnvoll möglich, also dass man bspw. bei Musik-Streaming nicht pro Monat, sondern pro gehörter Minute zahlt – oder bei Nachrichtenseiten nicht pro Monat, sondern pro gelesenem Beitrag.

In El Salvador, das Bitcoin als offizielle Landeswährung neben dem US-Dollar eingeführt hat, wird selbstverständlich das Lightning-Netzwerk genutzt, denn dieses ist nicht nur sehr viel schneller, sondern auch sehr viel günstiger.

Und so hat man das beste aller Welten, denn die eingangs erwähnten Regeln sind weiterhin auf dem Main Layer festgeschrieben und werden von Zehntausenden (wenn nicht Hunderttausenden) Menschen rund um den Globus zu geringen Kosten auf ihren Nodes geschützt. Viel Glück, Christine Lagarde, all diese Menschen zu finden und einzusperren.

Ich hoffe, die Geschichte hat geholfen um zu verstehen, was gemeint war, als Gary Gensler, Chef der mächtigsten Regulierungsbehörde der Welt, kürzlich zum wiederholten Mal betont hat: Ich kann Bitcoin nicht regulieren. Satoshi Nakamotos Vision ist real: Bitcoin ist ein Rohstoff, und Bitcoin ist unter den 23000 Kryptowährungen der einzige Rohstoff; als einziges dezentral.

Ich verstehe jetzt den Teil der Bitcoiner besser, der sagt, Bitcoin wurde nicht erfunden, Bitcoin wurde entdeckt. Es wird keine 2. dezentrale (Krypto-)Währung geben. Niemals. (Dazu vielleicht mal mehr in einem weiteren Beitrag, in dem es um Hash Rates, ICOs, Pre-Mining, die Ethereum-Foundation und die Entwicklerteams, Update-Policy und Downtimes anderer Kryptowährungen geht.)

Die Idee, Bitcoin in Schichten aufzubauen anstatt jeden Kauf eines Kaffees auf dem Main Layer abzuwickeln wurde bereits 2010 oder 2011 in Bitcoin-Foren geäußert.

Fidelity, einer der größten Vermögensverwalter der Welt (4500 Milliarden Dollar verwaltetes Vermögen), veröffentlichte im Januar 2022 ein Papier, in dem sie genau darauf eingingen: So wie TCP/IP ein Protocol Layer für Google, Amazon, Facebook & Co. ist, so wird Bitcoin zum Protocol Layer für zahlreiche Applikationen – mit dem Unterschied dass man in das Internet als Ganzes nicht investieren kann, in Bitcoin hingegen schon.

„The computer can be used as a tool to liberate and protect people, rather than to control them.“ (Hal Finney)

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