Alphabet: meine Einschätzung

Google Search Advertising gehört für mich zu den 3 besten Geschäftsmodellen aller Zeiten – neben Coca-Cola und Visa/Mastercard.

Nur Saudi Aramco erzielt noch höhere Gewinne als Alphabet.

Ein Unternehmen als Türsteher bzw. Kassierer des Internets – wie genial ist das denn?

Entsprechend war ich aufgeregt wie ein Kind zu Weihnachten, als ich 2017 mitten in der Nacht mit drei Freunden auf dem Google-Campus in Mountain View herumgelaufen bin.

Zu Alphabet gehören: Search, Android, Chrome, YouTube, Gmail, News, Maps, Pixel, Gemini, Translator, Finance, Drive, Docs, Sheets, Presentations, Meet/Hangouts, Photos, Home, Flights, Shopping, Books, Analytics, Earth, Street View, Scholar, Play Store, Pay, Waymo usw.

Der Gedanke hinter den für Privatnutzer kostenlosen Tools war: Je mehr coole Tools, desto mehr Internettraffic, desto mehr Google-Suchanfragen, desto mehr Google-Umsatz.

Am meisten begeistern mich die folgenden Bereiche.

Gemini: Gemini ist so gut geworden dass ich ChatGPT und Grok überhaupt nicht mehr verwende. Auch im Büro haben wir Gemini an vielen Stellen integriert, bspw. bei der Zusammenfassung von Meetings. Gemini wird unser Leben auf Arten verändern die wir und noch gar nicht vorstellen können. Alphabet wird Gemini kommerzialisieren auf Arten die wir uns noch gar nicht vorstellen können. Und es wird noch viel personalisierter und in bestehende Google-Apps integriert.

Waymo: Wäre Waymo ein eigenständiges Unternehmen, würde ich evtl. 100% meines Vermögens dort investieren. (Das hätte ich bereits vor 6,5 Jahren gemacht.)

YouTube: Muss man nicht viel dazu sagen.

Cloud: Google ist Nummer 3 im Cloudgeschäft – mit tollen Margen & tollem Wachstum.

TPUs: Googles KI-Beschleuniger sind vielleicht nicht so gut wie die von Nvidia, aber man benötigt auch nicht für jede Anwendung eine Bazooka, vor allem in Zeiten in denen KI-Chips ohnehin zu zehntausenden oder gar hunderttausend geclustert werden.

Android+Search+Chrome+Playstore: Diese Kombination gibt Alphabet eine unglaubliche Kontrolle. Kein Wunder, dass die Behörden zuletzt fast eine Abspaltung erzwungen hätten.

Daten: Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts, und Google weiß mehr über dich als deine Mutter.

SpaceX: Alphabet gehören 7-8% eines der großartigsten Unternehmens unserer Zeit. Für den möglichen Börsengang 2026 ist eine Bewertung von 1000 Milliarden Dollar im Gespräch. (Das wäre aktuell Platz 10 im S&P 500.)

Alphabet ist eine der ganz wenigen Full Stack AI Companies, die alle Bereiche abdeckt:

  • Modeltraining (Gemini) / Software (TensorFlow) / Datensammeln / Apps / User
  • Chips (TPUs)
  • Rechenzentren / Cloud (GCP) / Hyperscaler

Google war von Anfang an auf das langfristige Wohl der Aktionäre ausgerichtet. Hier 2 Zitate aus dem 2004 Founders IPO Letter:

„Wenn sich Gelegenheiten ergeben, die uns dazu veranlassen könnten, kurzfristige Ergebnisse zu opfern, die jedoch langfristig im besten Interesse unserer Aktionäre liegen, werden wir diese Gelegenheiten nutzen. Wir werden die Entschlossenheit haben, dies zu tun. Wir bitten unsere Aktionäre, eine langfristige Perspektive einzunehmen.“

„Obwohl wir langfristige Trends in unserem Geschäft diskutieren, planen wir keine Gewinnprognosen im herkömmlichen Sinne. Wir sind nicht in der Lage, unser Geschäft für jedes Quartal innerhalb eines engen Bereichs vorherzusagen. Wir sind uns bewusst, dass es unsere Pflicht ist, die Interessen unserer Aktionäre zu fördern, und wir glauben, dass die künstliche Schaffung kurzfristiger Zielvorgaben unseren Aktionären nicht dienlich ist. Wir würden es vorziehen, nicht um solche Prognosen gebeten zu werden, und sollten wir dennoch darum gebeten werden, werden wir dies höflich ablehnen. Ein Managementteam, das durch eine Reihe von kurzfristigen Zielen abgelenkt ist, ist genauso sinnlos wie jemand, der eine Diät macht und alle halbe Stunde auf die Waage steigt.“

Aber nun zu dem Teil, der euch womöglich am meisten interessiert: Weshalb bin ich nicht bereit, mehr als 4-5% (via ETF) meines Portfolios in Alphabet zu halten, während ich kein großes Problem damit zu haben scheine, 33% auf Amazon zu vereinen?

# 1

Als ChatGPT eingeschlagen hat, munkelte der Markt, Googles Search-Umsätze würden einbrechen, weil viele von der normalen, einfach zu monetarisierenden Suche auf den Chatbot von OpenAI umsteigen würden. Google selbst rief intern den „Code Red“ aus.

Schaut man sich die Entwicklung der Google Search Umsätze der letzten 3 Jahre an, dann waren diese Bedenken bisher unbegründet. (Ein Grund war sicher, dass Google selbst einen KI-Modus integriert hat.)

Inzwischen ist Gemini besser als ChatGPT.

Doch auch wenn die Zahlen es (noch) nicht hergeben, bin ich der Meinung, Googles Brot & Butter Geschäft ist gefährdeter, als es bei Amazon der Fall ist.

Für Google-Suche werden leider keine Gewinne ausgewiesen, aber der Bereich Google Services (Search, YouTube, Network, Subscriptions, Platforms, Devices) macht 107% der operativen Gewinne aus. (Es sind mehr als 100%, weil Waymo und OtherBets Verluste machen, die noch höher sind als die Gewinne des letzten verbleibenden Teils: Google Cloud, und damit sind die Google Services Gewinne höher als die Gewinne von Alphabet insgesamt.)

# 2

Aktienkursentwicklungen können mathematisch über 3 Zahlen erklärt werden:

  • Entwicklung Umsatz
  • Entwicklung Marge
  • Entwicklung KGV

Entwicklung KGV: Alphabet und Amazon sehe ich als einigermaßen fair bewertet an. Sollte es sich doch noch bewahrheiten, dass LLMs die Google Search Umsätze sinken lassen (oder Gemini hinter ChatGPT/Grok/Claude zurückfällt), dann kann Alphabets Bewertung auch wieder abtauchen. Sollte AWS seine Marktführerschaft verlieren, kann das Amazon natürlich auch passieren.

Entwicklung Umsatz: Alphabet sollte seinen Umsatz einen Tick schneller erhöhen als Amazon in den kommenden 5-10 Jahren.

Entwicklung Marge: Hier sehe ich Amazon in den kommenden Jahren deutlich vorne. Alphabets Marge ist bereits nahezu perfekt. Wo soll Alphabet noch profitabler werden? Bei Amazon hingegen sollten humanoide Roboter und autonome Fahrzeuge (die anders als bei Alphabet das bisherige Geschäft Amazons weiter stärken) die Profitabilität deutlich nach oben treiben. Dieser Effekt wird wahrscheinlich stärker als das leicht höhere Umsatzwachstum bei Alphabet. Das ist für mich der Hauptpunkt neben der höheren Gefährdung des aktuellen Brot+Butter Geschäfts.

Übrigens würde Amazon auch ohne humanoide Logistik-Roboter & autonome Lieferfahrzeuge seine Margen erhöhen – ganz einfach weil die High Margin Segments (AWS sowie Advertising) höhere Wachstumsraten aufweisen als die Low Margin Segments.

Rechenbeispiel: Umsatzverdopplung und Margenverdopplung führt zu Aktienkurs-Vervierfachung, wenn der Markt dasselbe KGV für gerechtfertigt hält.

# 3

Hier noch einige Punkte, die Alphabet und auch Amazon betreffen.

a) Für Unternehmen, die bereits gigantische Umsätze und Gewinne erzielen, ist es natürlich schwer, operative Entscheidungen zu treffen, die die Aktie 20-25% p.a. über die nächsten 15 Jahre steigen lassen.

b) Bei Unternehmen mit riesigen Cash-Reserven denke ich mir immer: Wenn ihr nur 10-20% eurer blöden Staatsanleihen in Bitcoin umschichtet, würde Bitcoin durch die Decke gehen, also wieso macht ihr es nicht einfach?

c) Die Hardware, in die Alphabet & Amazon gerade 11- bzw. 12-stellige USD-Beträge investieren, verliert natürlich sehr schnell an Wert. Auch wenn das Cloud-Geschäft hohe Margen und ROICs abwirft: Falls die Unternehmen mal in eine Situation kommen, wo die Utilization Level sinken (aus welchem Grund auch immer), dann wäre das ein ziemliches Problem.

d) Erzwungene Abspaltungen sind bei solchen Giganten immer im Gespräch. Search+Chrome+Android sind zusammen bspw. mehr wert als getrennt. Daher reagierte die Alphabet-Aktie zuletzt so positiv darauf, dass ein jahrelanges Verfahren mit einem Nein zur Abspaltung geendet hat.

# 4

Okay, noch ein Stammtisch-Argument zum Schluss: Meta hatte 2023 seinen Lauf, Nvidia 2024, Alphabet 2025, und Amazon ist 2026 an der Reihe 😀

Bild erstellt mit Gemini 🙂

Ein Gedanke zu „Alphabet: meine Einschätzung

  1. Interessante Einschätzung.

    Warum du so überzeugt von Waymo bist kann ich allerdings nicht nachvollziehen. Da sie selbst keine Autos bauen, müssen sie die Fahrzeuge kaufen und selbst umbauen. Ich bin mir nicht sicher mit der Zahl, aber Waymo kann pro Jahr nicht mehr als 3000 Autos bauen.

    Davon abgesehen, ist die Technik, besser gesagt die Verarbeitung der Daten, schlechter als die von Tesla. Waymo Fahrzeuge machen nach sieben Jahren immer noch zu viele (teils gefährliche) Fehler. Waymo rast in eine Baustelle, in ein Feuerwehrfahrzeug, fährt einen Radfahrer über den Haufen, ein Waymo fährt Schlangenlinie, bleibt auf der Kreuzung stehen und blockiert den ganzen Verkehr. Alles von den letzten drei Monaten. Tesla würde man dafür in der Luft zerreißen.

    Da ich selbst Aktien von Alphabet besitze (ETF + Einzel) hoffe ich dennoch, dass sie es irgendwann hinbekommen und vielleicht sogar damit Geld verdienen, was sie ja im Moment noch nicht tun.

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