Ende 2018 kaufte ich mir eine PS4, weil ich unbedingt Red Dead Redemption 2 spielen wollte. Davor hatte ich jahrelang nicht gezockt – weder auf einer Konsole, noch auf dem PC.
Letztes Jahr kaufte ich die PS5, und es sammelten sich inzwischen 17 Spiele seit 2018 an.
Meinen Blog betreibe ich seit 2015, aber eine Spielbewertung schrieb ich bisher nie. Meine Rollenspiele und Action/Adventure – abgesehen von Cyberpunk und RDR2 – sind: Horizon Forbidden West, Ghost of Tsushima, GTA5, Spider-Man, Shadow of the Tomb Raider.
Ein Kumpel hatte in den letzten 4-5 Jahren immer wieder von Cyberpunk geschwärmt. Ich war skeptisch. Auf eine Art Sci-Fi Grand Theft Auto hatte ich eher wenig Lust.
Vorletzte Woche hatte ich Urlaub und gab mir doch endlich einen Ruck. Open World mit guter Grafik, Geballer, Keanu Reeves und weniger Frustrationspotential als Elden Ring? Man kann ja mal reinschauen.
Es zog mich völlig in seinen Bann. Aus zwei Stunden wurden fünf, aus fünf zwanzig, und aus zwanzig fünfzig fesselnde Stunden nach zwei Wochen.
Es war völlig anders als ich dachte, und ich versuche es nun spoilerfrei zu beschreiben.
Allein die Editier-Möglichkeiten für das Aussehen eures Charakters sind nahezu grenzenlos und gehen tiefer als ich es je zuvor gesehen habe. Allerdings verbringt ihr die meiste Zeit in der Ego-Perspektive, mit einigen Ausnahmen wie Motorradfahren oder Spiegelungen. Daran gewöhnt man sich jedoch schnell.
Bevor es losgeht, verteilt ihr Punkte auf die anfangs zur Verfügung stehenden Fähigkeiten, und entscheidet euch für eine von drei Hintergrundgeschichten eures Charakters: Nomade, Streetkid oder Konzerner, was wiederum euren Prolog und später einige Dialog-Optionen beeinflusst.
Mit fortschreitender Story entscheidet ihr euch, wie ihr das Spiel spielen wollt. Sind euch technische Fähigkeiten wichtig, oder eher Kraft und Waffengeschick eures Söldners?
Die überraschend große Welt von Night City (ihr verlässt die Stadt auch immer mal wieder) ist düster, oft regnerisch, beängstigend, schmutzig (in vielerlei Hinsicht), voller vielschichtigerer Charaktere die ihre eigene Agenda haben, aber doch irgendwie wunderschön und lädt zum Entdecken ein.
Was mich am meisten überrascht und bei der Stange gehalten hat: Die emotionale Bindung, die man zu einigen Charakteren eingeht, geht tiefer als ich es je bei einem Videospiel gesehen habe. Einige Quests müssen sich nicht mal hinter Red Ded Redemption 2 verstecken.
Man hat förmlich Angst um seine Freunde, möchte sie nicht in Gefahr bringen wenn es nicht unbedingt sein muss.
Man hat Entscheidungsfreiheit, steht vor moralischen Dilemmas und kann praktisch jeden hintergehen oder ignorieren – mit den entsprechenden Konsequenzen. Auch Loyalität wird belohnt.
Nach 50 Stunden denkt man noch an Protagonisten die nach 3 Stunden gestorben sind.
Wem Sci-Fi nicht ganz so liegt, der wird aber vielleicht an der 70er/80er Jahre Punkrock-Atmosphäre seine Freude haben, die immer wieder aufblitzt.
Manches ist traurig, aber an einigen Stellen konnte ich mich auch totlachen. Die Dialoge sind hervorragend geschrieben.
Man kann romantische Beziehungen eingehen, was auch ziemlich cool aufgebaut wird. Generell ist die Welt weitaus schlüpfriger als gedacht 😀
Entscheidungen haben Konsequenzen, und vor der finalen Mission muss man sich entscheiden, wie und mit wem man „in die Schlacht zieht“, denn es gibt mehrere Enden.
Die letzte, etwa zwei- bis dreistündige Mission, spielte ich gestern zum ersten Mal, und sie war richtig toll gemacht.
Einige Charaktere und Missionen sind natürlich etwas nervig, und von Bosskämpfen bin ich eher kein Freund. Diese werden aber limitiert eingesetzt.
Ich habe auf Deutsch gespielt und war begeistert darüber dass einige Synchronsprecher bekannter Schauspieler die Rollen gesprochen haben.
Häufig allein durch eine oft dunkle, verregnete, dystopische Stadt voller Mörder und Lügner zu fahren/laufen kann einen schon etwas runterziehen, aber umso schöner ist das Abhängen mit Freunden und Partnern. Die offene Welt sieht auch wirklich toll aus. Es gibt Fahrzeuge und Waffen, die richtig Spaß machen, und natürlich kann man bspw. mit Kleidung, Cyberware und verschiedenen Apartments experimentieren.
CD Projekt Red hat hier ein echtes Meisterwerk hingelegt, und neben Rockstars Red Dead Redemption 2 war es wohl das Rollenspiel-Highlight meines Lebens.

Einen Mini-Spoiler zu einer für den Spielverlauf unwichtigen Szene muss ich dann doch loswerden, weil er perfekt zeigt, wie viel Herzblut die Entwickler in das Spiel gesteckt haben.
Du sitzt mit der Frau, mit der sich gerade eine Beziehung anbahnt, und ihren Leuten am Lagerfeuer. Ihr habt gerade eine Mission hinter euch, die einer ihrer besten Freunde nicht überlebt hat. Jemand spielt am Feuer Gitarre. Das Feuer knistert. Du hebst deine Bierflasche und hast 3-4 Optionen, was du jetzt sagst. Du entscheidest dich, auf ihren verstorbenen Freund anzustoßen. Und was macht sie? Sie hebt ihre Flasche und stößt auf DEINEN vor Wochen verstorbenen Kumpel an (auf dessen Trauerfeier du sogar sprechen konntest), den sie nie kennengelernt hat und von dem du ihr vor Tagen einmal kurz berichtet hast, wie wichtig er für dich war. Daraufhin trinken alle und man hört für Sekunden nur das Lagerfeuer und die Gitarre.
Unerwartet, herzerwärmend, und optional. Du hättest das vorher nicht sagen müssen. Hättest dich nicht ans Lagerfeuer setzen müssen. Hättest die Teilnahme an der Mission verweigern können. Hättest ihr Tage zuvor nicht von ihm erzählen müssen. Ein toller Moment als Folge von 4 Entscheidungen.
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