2019 und 2020 schrieb ich 8 Beiträge zur Automobilbranche.
- Autonomes Fahren: Vergangenheit, Gegenwart & Zukunft (17.02.2019)
- Warum ich in Tesla investiert habe (27.04.2019)
- Elon und die Dinosaurier (23.05.2019)
- Verbrennungsmotoren – Mein Nachruf auf ein totes Pferd (29.06.2019)
- BMW – Wie ein Unternehmen seine Zukunft verspielt (03.08.2019)
- Wann wird Tesla profitabel? (11.08.2019)
- Almost 1 million infected: the Tesla virus is spreading (08.03.2020)
- Aufbau eines Investment Case für disruptive Unternehmen am Beispiel von Tesla (10.03.2020)
Als Tesla 2019 rote Zahlen schrieb, sagte ich voraus, Tesla wäre in einigen Jahren profitabler als BMW, Mercedes und Audi. Diese Prognose ist bereits eingetroffen.
Aber eins nach dem anderen. Schauen wir zunächst auf Teslas beeindruckende Entwicklung bei der Zahl ausgelieferter Fahrzeuge.

Eine tolle Entwicklung angesichts der Lockdowns und damit Fabrikschließungen (2020-2021) sowie der Kaufzurückhaltung infolge der massiven Inflation (2022) und der Lieferkettenkrise (2020-2022).
Hier seht ihr die Umsätze der ersten 9 Monate 2022 in Milliarden Einheiten der jeweiligen Landeswährung Dollar bzw. Euro, die ich nicht umgerechnet habe, da wir 2022 ohnehin Euro-Dollar-Parität hatten, und eine exakte Umrechnung sowieso nicht möglich ist.
- 109 – Mercedes Benz Group
- 81 – Mercedes Benz Cars
- 103 – BMW Group
- 90 – BMW Automobile
- 57 – Tesla
- 50 – Tesla Automotive
- 45 – Audi Group
- 25 – Porsche Group
Audi und Porsche wurden von Tesla beim Umsatz also längst überholt. Tesla hat innerhalb von 19 Jahren die 113 Jahre alte Audi-Marke überholt sowie die 91 Jahre alte Marke Porsche. Nun könnte man sich zurücklehnen und ausruhen, doch Tesla ist wesentlich ambitionierter als diese Dinosaurier.
Schauen wir auf den Gewinn (EBIT) der ersten 9 Monate 2022 in der jeweiligen Landeswährung.
- 15,0 – Mercedes Benz Group
- 12,1 – Mercedes Benz Cars
- 10,5 – BMW Group
- 7,7 – BMW Automobile
- 9,8 – Tesla
- 6,3 – Audi Group
- 4,7 – Porsche Group
Wir sehen also 7,7 Mrd. € für BMW Automobile (inkl. MINI und Rolls-Royce) und 10,5 Mrd. € für die BMW Group (inkl. Motorräder und Finanzdienste).
Diese Werte sind nicht so einfach mit Teslas 9,8 Mrd. $ zu vergleichen, denn Tesla weist sein EBIT nicht separat für Solar Roofs und Powerwalls aus. Außerdem sind 1,3 Mrd. $ Regulatory Credits enthalten, also Umsätze aus Verkäufen von Papieren an andere Hersteller, die diese benötigen um so Umweltauflagen einzuhalten.
Interessanter als den absoluten Wert finde ich ohnehin die EBIT-Marge in Prozent vom Umsatz, berechnet aus den Werten von oben.
- 14% – Mercedes Benz Group
- 15% – Mercedes Benz Cars
- 10% – BMW Group
- 9% – BMW Automobile
- 17% – Tesla
- 14% – Audi Group
- 19% – Porsche Group
Tesla liegt hier also meilenweit vor BMW und ebenso vor Mercedes und Audi.
Teslas Wert könnte man bereinigen, indem man Regulatory Credits vom Umsatz und Gewinn abzieht, aber selbst dann kommt man noch auf 15%.
Würde man den Gewinn pro Fahrzeug berechnen, läge Tesla ebenfalls weit vor BMW, Mercedes und Audi.
Schwierig macht den Vergleich auch, dass die Deutschen darauf verzichten, Gewinne nach Antriebsart aufzuschlüsseln. Es gibt hier nur Gerüchte, dass die deutsche E-Auto-Profitabilität so schlecht ist, dass man über Verbrenner-Gewinne quersubventionieren muss.
Wenn man darauf schaut, dass die absoluten Gewinne von Tesla und BMW auf ähnlichen Niveau sind, sollte man nicht vergessen dass Tesla 33 Mrd. $ Schulden hat, BMW dagegen 170 Mrd. €.
BMWs Probleme habe ich im August 2019 lang und breit erklärt. Hier noch einmal kurz zusammengefasst.
- Vertrauensverlust aufgrund von Betrügereien
- Wahl falscher Partner beim autonomen Fahren
- halbherziges Setzen auf Elektromobilität (Erfüllung politischer Erwartungen)
- Quartalsfokus / Kurzzeitmanager
- keine vertikale Integration (Verkauf, Batterieproduktion, Ladeinfrastruktur, Software für autonomes Fahren, Hardware für autonomes Fahren)
- fehlende Effizienz / hohe Verbräuche (kWh/100km)
- zu viele verschiedene Modelle
- mit Hybridfahrzeugen ist man auf dem Holzweg
- enorme Schulden im Vergleich zu Tesla
Die Gründe für Teslas hohe Profitabilität sind ebenfalls nicht schwer auszumachen.
- Elektroautos sind weniger komplex als Verbrenner
- höherer Softwareanteil am Umsatz
- Onlineverkauf statt Autohäuser
- hohe Automation in der Produktion
- vertikale Integration und damit stärkere Unabhängigkeit von Zulieferern
- extrem geringe Marketingkosten
- Fokus auf wenige Modelle und wenige Konfigurationsmöglichkeiten
So kann Tesla in einer kapitalintensiven Branche trotz hohem Umsatzwachstums sehr profitabel arbeiten.
Im folgenden Bild sehen wir die Entwicklung der Produktion je Fabrik.

Hier sieht man einmal, dass Shanghai Fremont bereits überholt hat, und dass Berlin/Grünheide und Austin/Texas die Produktion auf niedrigem Level hochfahren.
Diese Woche hat Tesla die Preise seiner Modelle massiv gesenkt, und zwar sowohl in den USA, als auch in China und Europa. Durch die (mit Berlin und Texas) nun höhere und demnächst stark steigende Produktionskapazität kann man die Nachfrage durch Preissenkungen ankurbeln, und gleichzeitig die Lieferzeiten und -kosten senken.
Tesla will sich nicht auf seinen 1,3 Mio. Auslieferungen aus 2022 ausruhen. BMW soll 2024 oder 2025 überholt werden (meiner Meinung nach).
Das nächste Bild zeigt, wie stark der durchschnittliche Verkaufspreis in den letzten Jahren gesunken ist und gleichzeitig die Profitabilität explodiert ist. Kostensenkung par excellence.

Kommen wir zum großen Finale mit der Frage: Zu welchem Kurs sehe ich die Tesla-Aktie fair bewertet?
Dafür muss ich lediglich die Variablen aus meinem Investment-Case von März 2020 meinen derzeitigen Erwartungen anpassen.
- Absatz (2030) = 7 Mio. Fahrzeuge
- Preis pro Fahrzeug (2030) = $45,000
- Umsatzanteil Sonstiges (2030) = 15%
- Umsatzrendite nach Zins und Steuer (2030) = 15%
- Faires KGV (2030) = 20
- Forderung Aktionärsrendite (2022-2030) = 11% pro Jahr
- Anzahl Aktien = 3,16 Mrd.
Das ergibt:
- Faire Marktkapitalisierung (2030) = $1087 Mrd.
- Faire Marktkapitalisierung (2022) = $472 Mrd.
- Fairer Aktienkurs nach Abzug 20% Sicherheitsmarge = $119
7 Mio. verkaufte Fahrzeuge zu je $45,000 in 2030 mögen einigen von euch verrückt erscheinen. Das liegt jedoch erheblich unter Elon Musks Ziel von 20 Millionen.
Zudem habe ich keinerlei Robotaxi-Umsätze in meine Kalkulation aufgenommen. Deren Gewinne würde ich somit geschenkt bekommen. (hier Mario Hergers Fazit nach 26 Robotaxi-Fahrten in Kalifornien)
In meinen Überlegungen spielen auch relationale Bewertungen eine Rolle. Tesla wird derzeit mit 387 Mrd. $ bepreist, Bitcoin mit 399 Mrd. $, und ich sehe den Wert von Bitcoin um ein Vielfaches höher als von Tesla.
Das führt mich zur Erklärung des Titels „Honigdachs Tesla attackiert die deutschen Dinosaurier“. Ein Honigdachs schreckt nicht davor zurück, gegen Löwen, Pumas, Leoparden, Hyänen, Krokodile, Pythons oder Skorpione zu kämpfen (sucht mal auf YouTube „honey badger vs“). Bitcoin wird als Honigdachs angesehen, weil Bitcoin es mit den mächtigsten Institutionen der Welt aufnimmt (hier mehr dazu). Für mich ist Tesla ebenfalls ein Honigdachs, weil sie es mit der Automobilbranche aufnehmen, den Zulieferern, der Ölindustrie & OPEC, den Autohäusern, den Medien/Anzeigenverkäufern, den Shortsellern, der Taxiindustrie, dem öffentlichen Nahverkehr usw.
Quellen
Tesla: https://tesla-cdn.thron.com/static/WTULXQ_TSLA_Q3_2022_Update_KPK2Y7.pdf
„Quartalsfokus / Kurzzeitmanager“
BMW ist ein Familienbetrieb (siehe Aktionärsstruktur), mit Fokus auf Kundenbedürfnisse und langfristig ausgerichteter Strategie seit über 100 Jahren.
„mit Hybridfahrzeugen ist man auf dem Holzweg“
Kann man anders sehen. VW ist vom E.V. only Kurs vom letzten CEO wieder abgekehrt nach dem Führungswechsel, in den meisten Ländern kommst mit einem E.V. nicht durch den Alltag und es gibt genug Kunden die Reichweite und unabhängig vom Laden wollen daher haben hybride und Verbrenner eine Daseinsberechtigung und das noch auf sehr lange Zeit. Europa ist nicht die ganze Welt.
„halbherziges Setzen auf Elektromobilität“
Risiko Management. Nicht alles auf ein Pferd setzen und damit wichtige Kunden nicht verlieren in der Welt.
„Vertrauensverlust aufgrund von Betrügereien“
Weiß nicht genau welche Betrügereien?! Geiselhaft für die Betrugsfälle von VW und andern leider ja.
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Du scheinst BMW nur von außen zu kennen – es ist schon lang kein „Familienbetrieb“ mehr! Man darf sich da vom Großaktionär Quandt nicht täuschen lassen, die ist für BMW was die Piech-Familie für Porsche ist. BMW ist ein fetter träger Großkonzern geworden mit Horden von „Ja-Sagern“ als Managern! Die Kaufleute habend das Sagen und regieren von oben durch bis an den letzten Meter Band – Innovative Produktentwicklung oder technische Innovation ist so nicht mehr möglich, es wird der Bestand verwaltet und ausgesaugt bis nix mehr da ist. Und das lief unter den alten VW managern und unter dem neuen bei VW genau so, ebenso bei Daimler. Die Dinosaurier sind alt, fett und träge geworden.
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BMW macht die coolste Werbung mit Arni und David Hasselhoff 😎🤘
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Interessante Analyse. Kann man so sehen. Aber: wie passen 3000 angemietete Parkplätze auf dem BER für nicht verkaufte Autos und Produktionskürzungen in China dazu?
Martin
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Du weißt schon, was unmittelbar am Flughafen BER ist? Ja, das Tesla Auslieferungscenter für den gesamten Bereich MVP, BRB, B, SA. Und wer sagt denn nun, dass diese Autos die dort temporär geparkt werden nicht bereits bestellt sind und der Parkplatz nur als Pufferzone dient? Ich war selbst schon 2x dort. Nix zu sehen von „auf Halde stehenden“ Fahrzeugen. Ganz im Gegensatz zu den Deutschen Herstellern für die ich arbeite, da stehen genug halbfertige Autos herum….
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https://insideevs.com/news/656927/global-electric-car-sales-2022-guide/
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https://teslamag.de/news/tesla-lithium-raffinerie-texas-1-million-elektroautos-jahr-58376
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