Dummes deutsches Geld

15 oder 16 Jahre ist es her, dass ich zum ersten Mal ein Moped fuhr. Doch ich erinnere mich so gut, als wäre es gestern gewesen.

Hinter dem Haus, in dem meine Großeltern damals lebten, befindet sich ein Weg, auf dem täglich nur eine Hand voll Fahrzeuge unterwegs sind. Dort passierte es. Ich schnappte mir meine saphirblaue Schwalbe, die etwa doppelt so alt war wie ich, und fuhr los.

Die Strecke führte weit genug geradeaus, um auf der Hälfte der Strecke in den 3. Gang hochzuschalten. Doch ich hatte so viel mit diesem neuen Fahrerlebnis zu tun, dass ich mich nicht traute. Und so fuhr ich einige Zeit mit Vollgas im 2. Gang.

Genauso investieren die meisten Deutschen ihr Geld: hohe Gebühren (Benzinkosten), lausige Verzinsung (Geschwindigkeit). Sie setzen auf Sicherheit statt auf Rendite. Die Medien tragen leider einen erheblichen Teil dazu bei, dass die Leute schlecht informiert und ängstlich sind. Mir ging es vor 2 Jahren genauso.

Doch wenn man sich eine Million Mal auf sein Moped schwingt, wird in 999.999 Fällen der Lenker nicht brechen und die Bremsen werden nicht versagen. Ich vertraue der langfristigen Entwicklung der Weltwirtschaft (und damit dem Aktienmarkt) genauso wie ich den Bremsen meines Autos vertraue.

Am Aktienmarkt sind Wissen, Zeit, Disziplin und Geduld gefragt. Wer Dekaden Zeit hat und in Schwächephasen diszipliniert bleibt, wird dafür mit einer Rendite belohnt, die sich mit keiner anderen Anlageform erzielen lässt.

Eltern und Schulen lehren uns, wie wir für Geld arbeiten. Tim Schäfer lehrte mich, wie ich Geld für mich arbeiten lasse.

Vergleichen wir kurz, zu welchen Endvermögen verschiedene Zinssätze führen können.

  • Anfangskapital: 0€
  • Monatliche Investition von 300€
  • Jährliche Erhöhung des investierten Betrages um 2%
  • Ansparzeit: 30 Jahre
  • Zinssatz Aktien: 7%
  • Zinssatz Festgeld: 2%

Der europäische Aktienmarkt und der US-Aktienmarkt stiegen von 1975 bis 2014 um 8,0% bzw. 8,2% pro Jahr, und zwar inflationsbereinigt und in Euro bzw. DM gerechnet. (Quelle)

Damit niemand behaupten kann, ich würde Renditen am Aktienmarkt zu optimistisch betrachten und Festgeldzinsen zu pessimistisch, rechnen wir hier im Beispiel mit 7% und 2%.

Über den Sparrechner auf zinsen-berechnen.de komme ich auf folgende Endvermögen (gerundet).

Festgeld: 190.000 €
Aktienmarkt: 430.000 €

Der fiktive Festgeld-Anleger verzichtet auf 240.000€. Wohlgemerkt: Beide Anleger haben identische Beträge investiert. Die Differenz in Höhe von 240.000€ nennt sich Zinseszinseffekt.

Im englischsprachigen Raum ist völlig zu Recht von „stupid German money“ die Rede – von den doofen Deutschen, die nicht mit Geld umgehen können.

Während 56% der US-Amerikaner über Aktien und Aktienfonds an Unternehmen beteiligt sind, dümpeln wir Deutschen seit Jahren bei etwa 15% herum. (Quelle – PDF)
In der Studie, aus der ich am Ende dieses Beitrags einige Zahlen präsentieren werde, liegt die Aktienquote der Deutschen bei 10%, denn Fonds werden dort separat betrachtet.

Hier einige Zitate aus dem Buch „Rich Dad, Poor Dad“, das ich gerade lese.

„Einer der Gründe, warum die Reichen immer reicher, die Armen immer ärmer werden und die Angehörigen der Mittelschicht sich mit Schulden herumschlagen, liegt darin, dass der Umgang mit Geld zu Hause und nicht in der Schule unterrichtet wird.“
 
„Ein Mensch kann gut ausgebildet, beruflich erfolgreich und dennoch finanziell ungebildet sein. Solche Menschen arbeiten oft mehr, als sie müssen, weil sie gelernt haben, wie man schwer arbeitet, aber nicht, wie sie ihr Geld für sich arbeiten lassen“.
 
„Aufstehen, zur Arbeit gehen, Rechnungen bezahlen, aufstehen, zur Arbeit gehen, Rechnungen bezahlen … Das Leben dieser Menschen wird ab diesem Zeitpunkt von zwei Gefühlen beherrscht, von Angst und Gier. Biete ihnen mehr Geld und sie werden den Kreislauf fortsetzen und dabei gleichzeitig ihre Ausgaben steigern. Das ist das, was ich als Hamsterrad bezeichne.“
 
„Reiche Menschen erwerben Vermögenswerte. Die Armen und die Angehörigen der Mittelschicht erwerben Verbindlichkeiten, die sie für Vermögenswerte halten […] Ein Vermögenswert füllt meine Tasche mit Geld. Eine Verbindlichkeit zieht mir Geld aus der Tasche.“

Rich Dad Poor Dad
Ich bin Ossi. Die deutsche Wiedervereinigung fand 4,5 Jahre nach meiner Geburt statt und so kenne ich einige Menschen, die die Hälfte ihres Lebens im Sozialismus und die andere Hälfte im Kapitalismus verbracht haben.

Sie meckern heute über ihre Chefs, den Kapitalismus und natürlich über die Politiker. Merken sie eigentlich, dass sie heute – verglichen mit den DDR-Zeiten – im Schlaraffenland leben? Dauer-Pessimisten empfehle ich diesen englischsprachigen Artikel: „50 Gründe, warum wir in der großartigsten Zeit der Weltgeschichte leben

Nun zurück zum Aktienmarkt. Eine Freundin wird demnächst – auch inspiriert durch meinen Blog – zwei Aktien-ETF-Sparpläne aufsetzen und sich so an der Entwicklung der Wirtschaft beteiligen.
Du liest gerade meinen 100. Blog-Beitrag und solche Geschichten motivieren mich, weiterzumachen.

Was ist mit dir? Nutzt du die Google-Dienste? Bestellst du häufig bei Amazon? Trägst du gern Nike-Sneaker?

Was hält dich davon ab, Eigentümer dieser Unternehmen zu werden?

„Es ist so einfach! Ich brauche kein eigenes Unternehmen zu gründen, eine Marktnische finden, Leute einstellen, Marketing betreiben oder mich um die Buchhaltung zu kümmern. Ich kann in Sekunden, per Knopfdruck, Eigentümer der tollsten Firmen der Welt werden.“
(Nico von Finanzglück)

Wer bis 70 arbeiten will und anschließend auf Kosten seiner Kinder leben will, weil die Rente nicht zum Leben reicht, der soll so weitermachen: Konsum, Konsum, Konsum. Schulden anhäufen. Dem Chef, dem Kapitalismus und der Politik für alles die Schuld geben. Dem Staat die eigene Altersvorsorge-Strategie überlassen.

Das ist einfach. Was ich mache, ist schwierig. Ich bin nicht religiös, doch ich bin Teil der FIRE-Bewegung, die in den USA immer mehr Anhänger findet.

FIRE – das bedeutet „financially independent; retire early“, also finanzielle Unabhängigkeit und vorzeitiger Ruhestand. In meinem Aktiendepot befinden sich bereits Beteiligungen an 14 Unternehmen mit insgesamt mehr als einer Million Mitarbeitern. Jeder von ihnen erwirtschaftet fleißig Geld für seine Eigentümer – das bin ich. Und du kannst das auch sein. Der Erfolg der Unternehmen wird über Dividenden und Kurssteigerungen an uns Eigentümer weitergereicht.

Die Anhänger der FIRE-Bewegung arbeiten hart, sparen 20-70% ihrer Nettoeinkünfte und investieren diese sinnvoll. Ihr Ziel ist, bereits früh im Leben an den Punkt zu kommen, an dem sie kein weiteres Arbeitseinkommen benötigen. Von da an können sie tun und lassen, was sie wollen.

Beispiele für Deutsche, die dieses Ziel bereits erreicht haben, sind Familie Koch sowie Tim und Lars. Auf einem guten Weg befinden sich beispielsweise Nico, Alexandra, Ric, JennyChristopher, Alexander, Kilian, Jan, Philipp sowie der Couponschneider.

Ziele setzen
Abschließend möchte ich euch noch den Anteil der Aktienbesitzer in bestimmten Bevölkerungsgruppen präsentieren. Die Daten stammen aus einer kürzlich veröffentlichten Studie der Deutschen Bundesbank, die darüber hinaus noch viele weitere interessante Zahlen enthält. Link

Gesamt: 10%
Ost: 6%
West: 11%

Mieter: 6%
Eigentümer ohne Hypothek: 15%
Eigentümer mit Hypothek: 11%

Alleinlebende: 8%
Paare ohne Kinder: 12%
Paare mit Kindern: 10%

Alter 16-24: 3%
Alter 25-34: 6%
Alter 35-44: 9%
Alter 45-54: 12%
Alter 55-64: 10%
Alter 65-74: 14%
Alter 75+: 8%

Selbstständige: 14%
Beamte: 17%
Angestellte: 12%
Arbeiter: 2%
Arbeitslose: 3%

Ohne beruflichen Abschluss: 2%
Beruflich-betrieblicher Abschluss: 7%
Fachschulabschluss: 15%
Fachhochschulabschluss: 17%
Hochschulabschluss: 22%

Nach Nettovermögen (Quantile)
0-20%: 1%
20-40%: 2%
40-60%: 7%
60-80%: 11%
80-90%: 21%
90-100%: 32%

Nach Bruttoeinkommen (Quantile)
0-20%: 3%
20-40%: 5%
40-60%: 6%
60-80%: 10%
80-90%: 17%
90-100%: 30%

Die Interpretation dieser Zahlen überlasse ich euch. An den Aussagen von Robert Kiyosaki aus dem Buch „Rich Dad, Poor Dad“, die ich euch präsentiert hatte, ist sicher etwas dran.

Ihr wollt noch mehr über das „dumme deutsche Geld“ erfahren? Dann lest hier weiter:

Die Geldanlage der meisten Deutschen ist eine Katastrophe

Wie ihr es besser machen könnt, erfahrt ihr in vielen der übrigen 98 Beiträge meines Blogs, die ich in den vergangenen 9 Monaten veröffentlicht habe.

Fahrt nicht Jahrzehnte lang mit Vollgas im 2. Gang.

9 Gedanken zu „Dummes deutsches Geld

  1. Hallo Stefan,
    dafür, dass du dem ehemals sozialistischen Osten entstammst, hast du eine erstaunliche Karriere hingelegt. So geht selbständiges, eigenverantwortliches Handeln. Es ist Gegenteil von Meckern und Warten darauf, dass Vater Staat mich ernährt.
    Das Heft des Handelns behält man aber nur dann in der Hand, wenn Vermögen ansammelt, sonst ist man immer nur ein Getriebener und Reagierer. Deine Beiträge sind rational und nahe am Aktienmarkt, das gefällt mir gut.
    Ich freue mich auf die nächsten 100 Blogs – vielen Dank!

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    • Puh! War bestimmt nur nett gemeint, aber

      „dafür, dass du dem ehemals sozialistischen Osten entstammst, hast du eine erstaunliche Karriere hingelegt“

      klingt fast so charmant wie

      „dafür, dass du eine Frau bist, bist du ganz schön klug“

      Warum sollte ein Ossi (wir reden über ein Kindergartenkind, das vermutlich noch überhaupt nichts über Ost und West wusste) denn keine Karriere machen? Warum sollten Ossis nicht eigenverantwortlich und selbstständig handeln?

      Sorry, aber da klingen für mich ein paar Generalvorurteile gegenüber Ossis durch, die ziemlich daneben sind. In meinem Freundeskreis bin ich mitunter der „Quoten-Wessi“ (wie ich mich dann scherzhaft nenne) und allesamt sind selbstständig, eigenverantwortlich und haben beruflich viel erreicht.

      Kopfschüttelnde Grüße
      Dummerchen

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  2. Was hat denn die Herkunft damit zu tun? Zudem hat er nur 4,5 Jahre in der DDR gelebt. Nur weil die Westdeutschen mit Kapitalismus aufgewachsen sind, verstehen sie ihn nicht besser. Wer den Einbruch von zu viel Staatswirtschaft erlebt hat, ist vielleicht sogar eher immun gegen den Sozialismus der heutigen Politik.

    DDR-Nostalgie ist was dummes; da kenne ich genug Leute. Genauso gibt es aber auch eine Bonner Nostalgie, wenn man sich nach den vollen Sozialkassen der 80er zurücksehnt, eine vermeintlich heile Welt, die angeblich von der Wiedervereinigung zerstört wurde. Tatsächlich hat uns die Bonner Nostalgie mehr als 10 Jahre Reformstau, Insolvenzverschleppung im Steinkohlebergbau und Rekordarbeitslosigkeit in den neuen Ländern gebracht. In den neuen Ländern konnte man sehen, wohin es führt, wenn man von Beginn an die Standards Westdeutschlands durchdrückt. Die Gewerkschaften konnte sich glücklicherweise nie zu 100 % durchsetzen.

    Ich war Jugendlicher in den 90ern. Ich bekam es hautnah mit, dass viele Menschen arbeitslos wurden. Meine Eltern waren nie betroffen, dennoch lebten wir sparsamer als viele andere, wo schon ein oder beide Elternteile Geld vom Amt bekamen. 2002/3 wurden vier Personen in meiner Familie arbeitslos: Zwei Tanten, ein Onkel und mein Vater. Das war auch die Phase, als Schröder reagieren musste und heraus kamen die Hartz-Gesetze. Mittlerweile arbeiten die alle wieder, wenn sie noch leben.

    Ich war ja nur Plattmann, jugendlich, wenig Lebenserfahrung, aber ich sah schon Ende der 90er, als ich begann, mich damit zu beschäftigen, dass uns ungerechtfertigte Anspruchshaltung noch viel kosten würde. Manche Konsummarotten waren mir auch immer fremd gewesen; meine Eltern waren sparsam und der gebrauchte Opel Kadett wurde zehn Jahre lang gefahren. Andere Menschen kopierten den Konsumstil aus dem Fernsehen und überreizten ihr Budget. Ein extremer Fall ist die Familie, die von Stütze lebte, zu einer Geburtstagsfeier für den Sohn Pizza von der Tankstelle (besonders teuer!) holte, und der anschließenden Essensschlacht der Kind tatenlos zusahen.

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  3. Naja, negativ habe ich das nicht gemeint. Ich weiß aber, wie eine Umgebung, in der man aufwächst, auf einen einwirkt. Und im Osten ist die LINKE, vormals SED, nunmal Volkspartei. Demzufolge gibt es dort auch viel mehr Menschen mit einem ganz anderen Staatverständnis.

    Ich bin in einer katholischen Umgebung aufgewachsen und weiß, wieviel Kraft und geistige Unabhängigkeit es einen abverlangt, sich von solchen Traditionen und Denkweisen freizumachen.

    Das habe ich gemeint, nichts weiter.

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