Warum ich nicht in Indexfonds investiere

Vor 7 Monaten ging ich auf die Vorteile von Indexfonds ein:

Idee: Monatlicher ETF-Sparplan auf den MSCI World Index

Der Beitrag war sehr beliebt, liegt von der Anzahl der Aufrufe her auf Platz 6 meiner 97 Artikel.

Indexfonds (mit ETFs als Teilbereich) sind eine großartige Möglichkeit für Kleinanleger, sich mit geringem Zeitaufwand an den Aktienmarktrenditen zu beteiligen und gleichzeitig kostengünstig eine breite Streuung über viele Unternehmen zu erzielen.

Heute möchte ich darlegen, weshalb ich nicht in Indexfonds investiere.

Vorweg: In meinen Augen gibt es keine Anlagestrategie, die für jeden Kleinanleger geeignet ist – ebenso wie es keine Anlagestrategie gibt, die für jeden Kleinanleger ungeeignet ist. Jeder muss die Strategie für den Vermögensaufbau finden, mit der er am besten schlafen kann.

  1. Laufende Kosten

Wenn ich mich direkt an einem Unternehmen beteilige, so kann ich mit dieser Beteiligung über Jahrzehnte Vermögen aufbauen, ohne dass sich in der Zwischenzeit Banken, Versicherungen, Fondsmanager, Bankberater oder ETF-Anbieter einen Teil des Kuchens abschneiden. Indexfonds hingegen haben laufende Kosten – und je besser der Fonds läuft, desto höher die Kosten, denn die regelmäßig anfallende TER (Total Expense Ratio) ist nicht auf die Investitionssumme bezogen, sondern auf den aktuellen Wert.

  1. Nüsse vs. Rosinen

Ich kaufe selten Studentenfutter, denn ich bin kein Fan von Rosinen.

Studentenfutter
Bei einer Investition in Indexfonds bin ich gezwungen, mich an der Wertschöpfung von Unternehmen zu beteiligen,

  • deren Geschäftsmodell mir nicht gefällt,
  • deren Management schlechte Arbeit leistet,
  • die in Märkten tätig sind, die ich nicht für aussichtsreich halte,
  • die es nicht schaffen, Gewinne zu erwirtschaften/erhöhen,
  • die keinen „Burggraben“ besitzen, wie Warren Buffett sagen würde,
  • in denen Vorstand/Gründer keine Anteile besitzen,
  • die von vielen Kunden gehasst werden,
  • die ihren Sitz in politisch instabilen Ländern haben,
  • die hoch verschuldet sind,
  • die es nicht schaffen, hochqualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen,
  • die stark von einzelnen Produkten, Kunden und Lieferanten abhängig sind,
  • die dumme Investitionen tätigen,
  • deren Geschäft so zyklisch ist, dass ihr Aktienkurs in Rezessionen um 80-90% sinkt,
  • die anhand von Multiplikatoren wie KGV, KUV, KCV oder PEG völlig überteuert sind,
  • deren Risiken in der Bilanz für Kleinanleger praktisch nicht einzuschätzen sind (Banken).
  1. Das Gegenteil von Value Investing

Stell dir vor, du gehst in einen Supermarkt. Überrascht stellst du fest, dass nicht mehr nur Preisreduzierungen gekennzeichnet sind, sondern auch Aufschläge auf alte Preise. Jemand geht an dir vorbei und murmelt: „Oh, das ist aber schön teuer. Ab in den Wagen damit!“.

Bei Indexfonds ist die Basis für die Gewichtung der einzelnen Unternehmen in der Regel die Marktkapitalisierung. Vom dem, was teurer wird, kauft man mehr. Von dem, was günstiger wird, kauft man weniger.

Dazu kann man unterschiedlicher Meinung sein. Für den einen überwiegen die Vorteile, für den anderen die Nachteile.

  1. Die Entscheidungen über Aufstieg, Abstieg und Klassenerhalt

Im März flog die K+S AG aus dem DAX. Ein halbes Jahr zuvor traf es den Chemiekonzern Lanxess. Warum nicht HeidelbergCement, Thyssenkrupp oder RWE?

Aufgenommen wurden die ProSiebenSat.1  Media SE sowie Vonovia. Warum ist nicht Airbus, Evonik, RTL, Metro, Zalando oder Fielmann aus dem MDAX aufgestiegen?

Eine solche Fremdbestimmung ist mein 4. Grund, nicht auf Indexfonds zu setzen.

  1. Weitere Stolpersteine
  • ETFs können geschlossen werden
  • Bei synthetisch replizierenden ETFs (Stichwort: Swap) trägt man das Kontrahentenrisiko, kann also bei Zahlungsunfähigkeit des Swap-Partners unter Umständen einen Teil seines Vermögens verlieren.
  • Bei manchen ETFs wird die ausländische Dividenden-Quellensteuer nicht angerechnet. Link
  • Bei manchen ETFs gibt es Doppelbesteuerungen von Dividenden. Link

So viel zu meinen Beweggründen, auf Indexfonds/ETFs zu verzichten und stattdessen jedes Unternehmen einzeln auszuwählen, an dessen Wertschöpfung ich mich beteiligen möchte.

Doch trotz der negativen Punkte kann ich es nicht oft genug betonen: Eine Anlagestrategie ist eine Einzelfallentscheidung. Ich bin ein großer Fan von Indexfonds, auch wenn ich selbst einen anderen Weg gehe. Und ganz sicher könnte man ebenso gut einen langen Artikel darüber schreiben, was schlecht an der Investition in einzelne Unternehmen ist.

Beides – Einzelaktien und Indexfonds – sind fantastische Möglichkeiten, sich am Produktivkapital zu beteiligen, um langfristig Vermögen aufzubauen und für das Alter vorzusorgen.

14 Gedanken zu „Warum ich nicht in Indexfonds investiere

  1. Stefan
    schöner Artikel. Wie du schreibst kauft man im Prinzip einen Warenkorb wovon man nicht alles mag.
    desweiteren frage ich mich wie genau die Dividenden der Unternehmen bei einer ausschüttung weitergegeben werden. Ich vermute nicht 1:1

    Ich bin Fan von Einzelaktien denn so kann ich selbst entscheiden welche Stückzahl ich möchte.

    Gruß
    Christoph

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  2. Hallo Stefan,
    Deine Ausführungen zu den laufenden Kosten (TER) sind meiner Ansicht nach nicht ganz richtig.
    Der Investor eines Indexfonds möchte die Rendite des zugrunde liegenden Index einstreichen. Nicht mehr und möglichst auch nicht weniger.
    Wenn ein Fonds es schafft, nach Kosten die Wertentwicklung des Index 1:1 nachzubilden, dann hat der Fonds keine laufenden Kosten.
    Das weiß man natürlich erst hinterher.

    Gruß:

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    • Hallo Schwachzocker,

      ich habe gerade nachgesehen auf https://www.justetf.com/de/find-etf.html

      Dort sind 1059 ETFs aufgeführt und alle bis auf einen haben laufende Kosten (TER > 0). Dieser eine bildet keinen Index ab, sondern den Goldpreis.

      Eintausend weiße Schwäne zu finden, heißt natürlich noch lange nicht, dass es keine schwarzen Schwäne gibt. Kennst du einen Indexfonds ohne laufende Kosten?

      Die Frage ist, ob dies aus Sicht des Anbieters sinnvoll wäre. Ich denke, wir können uns darauf einigen, dass mehr als 99% der Indexfonds laufende Kosten haben.

      Viele Grüße, Stefan

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      • Hallo Stefan,
        die TER ist meiner Ansicht nach ohne Belang.
        Es gibt zumindest für Europa und Nordamerika viele ETFs, die ihren Index in der Wertentwicklung geringfügig schlagen, und zwar nach Abzug der TER, und das regelmäßig.
        Ich greife mir mal willkürlich heraus den ishares Stoxx Europe 600 WKN 263530, ISIN DE0002635307. Dieser ETF hat den zugrunde liegenden Index in den letzten 10 Jahren jedes Jahr durchschnittlich um 0,28% geschlagen, wohlgemerkt: Da ist die TER schon abgezogen.
        Ich vermute, das liegt an Geschäften mit Wertpapierverleih.
        Wo also siehst Du hier laufende Kosten?

        Gruß zurück!

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        • Hi Schwachzocker,

          dass ein Indexfonds seinen Vergleichsindex nach Kosten nicht schlagen kann, hatte ich nicht behauptet, sondern lediglich, dass mehr als 99% aller Indexfonds laufende Kosten haben, was ja auch auf deinen exemplarischen ETF zutrifft.

          Deine Aussage, die TER sei für dich ohne Belang, finde ich etwas merkwürdig. Ist dir dein Einkommensteuersatz auch egal?

          Die Frage ist, welche Ziele man verfolgt. Ich habe für mich entschieden, dass ich meine Ziele mit Einzelaktien eher erreiche als mit Indexfonds, und fünf Gründe genannt.

          VG Stefan

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        • Hi,
          ich muss Schwachzocker im Beispiel beipflichten. Man könnte Sagen, TER verursachen Kosten andere Quellen, wie Wertpapierverleih bedeuten Einnahmen (vom geringen Zusatzrisiko, das dadurch in Kauf genommen wird, mal abgesehen) – und unterm Strich zählt was rauskommt. Bei Investition in Einzelaktien hat man keine Möglichkeit eines Wertpapierverleihs, dafür auch keine TER. Wenn die Zusatzeinnahmen aber höher als die Kosten sind, spricht das für den ETF.

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  3. Hallo Stefan,
    Sehr interessanter Artikel, zumal er auch recht kontrovers zur landläufigen Meinung, dass ETFs „das beste“ sind, steht.
    Wie überwindest Du das Argument, dass langfristig kein Alpha generiert werden kann? Also das individuelle Investieren keinen Zusatzertrag gegenüber dem Index erzielen wird?
    Außerdem können (wenn Du in der Finanzbranche tätig bist) Beschränkungen im Handel von Einzelaktien bestehen, die Dich faktisch zwingen Fonds/ETFs zu kaufen, um Aktien-Exposure zu erwerben.
    Freue mich, wenn Du mal auf meinem Blog vorbeischaust: https://meinefinanziellefreiheit.com/ Artikel zum Thema ETFs werden bald folgen.
    Viele Grüße,
    FF

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    • Hallo FF!

      In drei Wochen habe ich Buy & Hold genau ein Jahr lang durchgezogen. Dann werde ich ausführlich auf meine Gesamtrendite anhand verschiedener Berechnungsmethoden, die Rendite meiner Benchmarks und meiner Einzelwerte eingehen und das Thema Überrendite diskutieren.

      Beschränkungen unterliege ich nur dahingehend, dass ich nicht mit Aktien meines Arbeitgebers handeln darf und diese nicht empfehlen darf, da ich im Insiderverzeichnis gelistet werde. Diese Beschränkung bezieht sich auch auf Unternehmen, die große Aktienpakete meines Arbeitgebers halten und kann sich auch auf Lieferanten ausweiten, je nachdem was ich gerade weiß. Darüber hatte ich auch schon einen kurzen Beitrag verfasst: https://stefansboersenblog.com/2015/11/21/insiderhandel/

      Auf deinem Blog werde ich mich mal umsehen. Vielen Dank für den Tipp!

      Schöne Grüße, Stefan

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  4. Ein sehr interessanter Artikel, wobei man dennoch sagen muss, dass die Meinungen dazu doch sehr auseinander gehen. Letzendlich muss man sich das als Interessent einmal ganz genau anschauen, um herauszufinden, inwiefern sich diese lohnen oder auch nicht.

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    • Diese „das schaffe ich ja sowieso nicht“ Einstellung gefällt mir nicht.

      Abgesehen davon meinst du sicher, dass die Mehrheit der aktiv gemanagten Fonds den Vergleichsindex NACH KOSTEN nicht schlägt. In der Regel haben aktiv gemanagte Fonds Ausgabeaufschläge von rund 5% sowie laufende Kosten von rund 2,5%. Als Privatanleger habe ich also von vornherein einen dicken Vorsprung gegenüber dem Fondsmanager.

      Außerdem haben „die Profis“ ein anderes Anreizsystem als Privatanleger. Mir sitzt kein Chef im Nacken, der vor allem an der zum 31.12. berichteten Rendite interessiert ist und der mich entlässt, wenn diese nicht stimmt. Ich investiere auf Sicht von 25+ Jahren.

      Hinzu kommen für mich die fünf Argumente von oben.

      Doch wie gesagt: Ich halte Indexfonds für eine wunderbare Sache und denke dass sie für den Großteil der Privatanleger besser geeignet sind als Einzelaktien.

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  5. Ich finde ETFs haben ihre Berechtigung und sind vor allem für Einsteiger eine gute Sachen. Mit 5.000-10.000€ sollte man jetzt nicht zwingend in Einzelaktien Investieren. Dann lieber in ETFs sparen bis man so 30.000€ – 50.000€ zusammen hat – dann umschichten. Erst ab diesen Summen kann man sein „Vermögen“ gut in unterschiedliche Aktien streuen. Vorher sollte man das Risiko mit einer geringen TER, die man bezahlen muss (oder wie oben beschrieben auch nicht), „absichern“.

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  6. Hallo Stefan,

    Du kritisierst die Swap-Konstruktion mancher ETFs.
    Ich nehme an, als BWler ist Dir klar, dass Unternehmen und insbesondere börsennotierte Unternehmen auch Swap-Geschäfte tätigen?! Das ist eine völlig normale Vorgehensweise, um Risiken in Bilanzen zu minimieren. Dabei hat man dann auch ein Kontrahentenrisiko und kann bei Zahlungsunfähigkeit desselben Geld verlieren.
    Wie passt das zusammen?

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